
Sehr geehrter Herr Reichhart,
wir müssen reden. Über Österreich, die Maut und unser Verhältnis zu unseren Nachbarn. Keine Sorge, ich werde nicht schadenfroh mit dem Finger auf die CSU zeigen, weil es nicht geklappt hat mit der Pkw-Maut. Obwohl es schon spannend wird, zu beobachten, wie Ihre Partei nun damit umgeht, dass der einstige Wahlkampfschlager zum Image-Problem wird. Schließlich ist die versprochene Maut nicht nur vom Tisch, sie könnte den Steuerzahler auch noch richtig Geld kosten: 300 Millionen Euro, so wurde am Freitag kolportiert, dürften allein die Betreiber des geplanten Vignettensystems dem Bund in Rechnung stellen. Eine Firma kommt ausgerechnet aus Österreich.
Aber sei's drum. Ich will ja auf die neue Runde in der deutsch-österreichischen Straßenschlacht schauen. Im Zentrum steht der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter. Der Mann wird bis zum Herbst Lkw- und Autofahrer an der bayerisch-tirolerischen Grenze Tausende Stunden kosten. Weil er aus Umweltschutzgründen für Lkw eine Blockabfertigung eingeführt ha

tte, kam es zuletzt am Freitag zu kilometerlangen Staus auf der Inntalautobahn Richtung Süden. Auch Pkw kamen nicht weiter. Und damit nicht genug: Jetzt ordnet Platter an allen Wochenenden bis zum Ende der bayerischen Sommerferien – von Samstag, 7 Uhr, bis Sonntag, 19 Uhr – auch noch die Sperrung von Landstraßen an, die von Urlaubern zur Umfahrung von Staus oder zur Vermeidung der Maut auf den österreichischen Autobahnen genutzt werden können. So will Mr. Stau betroffene Dörfer vom Transitverkehr entlasten.
Durch die Augen eines Tiroler Dorfbewohners
Sie, Herr Reichhart, finden das Tiroler Verhalten "unsäglich und reine Schikane". Das kann man nachvollziehen, vor allem, wenn die Watschn aus dem Maut-Streit noch schmerzt. Ich sage Ihnen aber: Die Tiroler haben Recht. Nein, ich stehe auch nicht gerne im Stau. Aber versetzen Sie sich doch mal in einen Tiroler Dorfbewohner. Es mag Ihnen schwerfallen, die Welt durch die Augen dieses exotischen Bergvolks zu betrachten. Ich habe es da vielleicht ein bisschen einfacher.
Ich wohne in Unterfranken. Vor unserer Haustüre befindet sich der "größte Parkplatz der Welt" – die A3. Stau gehört dort fast zum Alltag. Alle Welt fährt dann ab, meist irgendwo zwischen Helmstadt (Lkr. Würzburg) und Geiselwind (Lkr. Kitzingen) und schlängelt sich in Kolonnen durch die Ortschaften. Im Raum Würzburg verstopfen sie mit Vorliebe die Bundesstraßen 19 oder 27. Oder gleich den Innenstadtbereich. Da geht dann gar nichts mehr. Neulich hat sogar ein nettes älteres Ehepaar aus den Niederlanden die Nacht in seinem Wohnmobil in meiner Straße verbracht.
Ärger über Navis und Radio-Umleitungstipps
Ich als Autofahrer ärgere mich an solchen Tagen über Navi-Programmierer, die selbst die größten Lastwagen durch enge Gässchen lotsen, und hadere selbst mit den Kollegen vom Radio. Da raten dann Ortsunkundige am Mikrofon – in der Regel in München sitzend – den Ortsunkundigen am Steuer, die Autobahn zu verlassen und den Stau über die Käffer zu umfahren. Bis die "Echtzeitmessung" der Radiostationen mitbekommen hat, dass die Zeitersparnis ein Drauflegegeschäft ist, ist bei uns schon Land unter. Das mag eine subjektive Wahrnehmung sein, aber ganz falsch ist sie auch nicht. Und ich bin mir sicher: Unsere Region ist nicht die einzige staugeplagte in Bayern.
Mit anderen Worten: Ich hätte nichts dagegen, wenn sich Bayern Tirol als Vorbild nimmt und die Autobahnabfahrten für Durchreisende dichtmacht. Zumindest dann, wenn's eng wird. An Freitagnachmittagen zum Beispiel, wenn der Berufsverkehr die Region ohnehin schon lahmlegt. Oder kurzfristig bei erhöhtem Verkehrsaufkommen. Die Schweizer, so erzählte es mir kürzlich eine Kollegin nach ihrem Urlaub, machen das bei Bedarf scheinbar auch so.
Die Latte für CSU-Verkehrsminister liegt nicht hoch
Es wäre doch zumindest einmal eine Überlegung wert. Anstatt die beleidigte Weißwurst zu spielen und den Tirolern mit der EU-Kommission zu drohen, könnten Sie doch von ihnen lernen. Gespräche zu dem Thema sind ja offenbar schon vereinbart. Lassen Sie da doch einfach das Streiten und fragen Sie die Österreicher mal nach den Erfahrungen, die sie mit der Sperrung gemacht haben. Bringt es was? Ist es gut zu kontrollieren? Immerhin hatten Sie ja schon geschlussfolgert, dass – sollte die EU die Tiroler Maßnahme durchwinken – das auch auf stark belasteten bayerischen Strecken möglich sein müsste.
Mit 37 sind Sie ein ziemlich junger Minister. Warum also nicht neue Wege gehen und unseren Nachbarn in der Sache völlig ungrantig begegnen? Was haben Sie schon zu verlieren? Die Latte für CSU-Verkehrsminister liegt momentan nicht allzu hoch.
Mit freundlichen Grüßen
Benjamin Stahl, Redakteur
Kein einziger Anwohner freut sich über Stauumfahrungsverkehr. Und wen die Bundesstraßen voll sind haben wir ja noch Landstraßen und danach noch Dorfstraßen. Wenn dann auch noch die Feldwege verstopft sind, dann begreift es vielleicht auch die CSU. So kann der Verkehrswahnsinn nicht weitergehen.
Und diejenigen, die hier auf der Autobahn gehalten werden, sind sowieso auf den Weg nach Italien, hinterlassen also nichts in Österreich, vieleicht von einem Tankstopp und den damit verbundenen Einnahmen oder einem Essen einmal abgesehen.
Und ganz wichtig:
Alle, die eine Berechtigung haben, wie Anlieger oder Urlauber, dürfen auch weiterhin diese Strassen benutzen.
Oder wollen Sie an einer Strasse Urlaub machen, die vom Durchgangsverkehr verstopft ist?
Die von Ihnen verursachten Staus sind durch Vollsperrungen verursacht worden, bedingt durch schwere Lkw-Unfälle. Da muss man den Verkehr ausleiten, anders geht es nicht.
In Tirol aber werden die Landstraßen gesperrt, um bei Staus auf der Brenner-Autobahn bedingt durch Überlastung (keine Vollsperrungen!!!) den Durchgangsverkehr auf der Autobahn zu halten, einerseits den Ausweichverkehr und andererseits diejenigen, die die Sondermaut auf der Brenner-Autobahn nicht zahlen wollen und deshalb das Chaos verursachen.
Und mir kann keiner erzählen, dass er, wenn er hunderte Euro für den Urlaub ausgibt, dann nicht noch Geld hat für die Sondermautstrecke.
Übrigens:
Ich habe letztes Jahr auch 3 Stunden von der Maustelle Sterzing bis Meran gebraucht, weil die Autostrada del Brennero in Südtirol dicht war, bin aber auf der Autobahn geblieben, weil die Strada del Brennero ebenfalls hoffnungslos überlastet war.
Da bin ich teilweise schneller als die Autos. Und ja ohne E-Hilfe.
Auch mir ist es schon durch den Kopf gegangen, bei Staus auf der A 3 oder der A 7 im Raum Würzburg bestimmte Ausfahrten oder Straßen (z. B. die Verbindung Kist-Reichenberg) für den (Durchgangs) Verkehr zu sperren, damit hier im Großraum Würzburg nicht gleich ein Verkehrschaos herrscht, wenn der Verkehr auf der A 3 steht.
Vielleicht sollte man es wirklich mal ausprobieren, die Anwohner werden es danken.
Und wie an anderer Stelle schon geschrieben, handelt es sich um die gesperrten Straßen in Tirol um Landesstraßen, die eher enge Bergstraßen sind un dfür diesen Ausweichverkehr gar nicht geeignet sind.
Und wenn man sich in der ORF-Sendung "Tirol Heute" einmal die Anwohner anhört, die sich beklagen, dass bei Staus noch nicht mal mehr Rettungsfahrzeuge durchkommen, dann ist wirklich Handlungsbedarf!
Dem kann sich auch nicht die bayerische Staatsregierung verschließen!
ich kann diese Schikanen der Österreicher nicht mehr ertragen.
abkassieren ja, aber keine Zusammenarbeit mit den Piefkes.
Und wenn Sie eine Reiserücktrittsversicherung haben, bezweifle ich mal, dass diese dann für den Ausfall aufkommt, denn so eine Sperrung ist mit Sicherheit kein berechtigter Grund, von einer Reise zurück zu treten, wie etwa in einem Krankheitsfall.
Mit anderen Worten:
Sie dürften sich "selbst ins Bein geschossen haben" ...
Das wird so kommen, aber er muss dem "schlechten" Geld nicht auch noch Gutes hinterher werfen durch Ausgaben am Össi-Urlaubsort!
Die Polizei sperrt nicht die Straßen für die Anwohner der betroffenen Orte oder für die, die dort in Ruhe ihren Urlaub verbringen wollen, sondern für diejenigen, die im Transit nach Italien fahren, also außer Lärm und Abgasen nichts hinterlassen, vom Tanken oder essen gehen einmal abgesehen.
Alleine die Tatsache, dass Sie die Tiroler als exotisches Bergvolk bezeichnen lässt mich doch zweifeln, ob Sie das Problem wirklich erfasst haben bzw. wissen, wovon sie zu reden belieben. Ihre Meinungsäußerung ist vielmehr so von Vorurteilen und Ressentiments geprägt - mainpost-like halt mögen da welche sogar meinen -, dass sie sich schon wieder selbst total entwertet.
Ich lege sie deshalb mal wieder im Fach "Platzfüller" ab.
Guten Tag resp. Gute Nacht!
Ihr Brief trifft es genau auf den Punkt.