Sehr geehrter Herr Botschafter Grenell,
oder sollte ich besser sagen: Exzellenz? Ich habe gelesen, das sei die konservativere Anrede für Beschäftigte Ihres Ranges. Und Sie sind doch – nach allem, was man so hört – ein Konservativer. Voriges Jahr sagten Sie in einem Interview, Sie wollten „anderen Konservativen in Europa, anderen Führern, zu mehr Macht verhelfen“. Das war nur wenige Wochen nach Ihrem Antritt als US-Botschafter, aber keineswegs die erste Provokation im neuen Amt. Die hatten Sie sich geleistet, als Sie deutschen Firmen mit Sanktionen drohten, sollten diese weiterhin Geschäfte mit dem Iran machen. Und jetzt sind Sie schon wieder aus der Rolle gefallen mit Ihrer Attacke gegen die Haushaltspläne der deutschen Regierung und der Klage, sie investiere zu wenig in die Verteidigung.
Der Aufschrei in Berlin war groß. Aber warum eigentlich? Warum sollten Sie anders klingen als der Präsident der USA, dessen Vertreter Sie doch sind? Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki, der selbst gerne mal zündelt, sieht in Ihnen den „Hochkommissar einer Besatzungsmacht“ und würde Sie lieber heute als morgen ausweisen. Allein das zeigt, auf welchem Level die deutsch-amerikanischen Beziehungen mittlerweile sind. Für den SPD-Politiker Carsten Schneider sind Sie ein „diplomatischer Totalausfall“. Das ist harter Tobak in einem Geschäft, in dem es einmal auf Nuancen in der Wortwahl ankam. Dass diese Zwischentöne längst verhallt und einem dumpfen Poltern gewichen sind, hat auch mit Ihrem Präsidenten zu tun – er hat sich von Beginn an gegen die Diplomatie entschieden und reitet lieber auf einem Elefanten durch den Porzellanladen.
Haben Sie sich, Herr Grenell, jemals die Frage gestellt, wie Donald Trump reagierte, würde alle paar Wochen das Scherbengericht des deutschen Botschafters in Washington über ihn tagen? Als einstiger Fernsehkommentator sind Sie nicht so naiv, um nicht zu wissen, wie solche Interventionen wirken. Sie sind kein Botschafter im klassischen Sinn, Sie sind eine Botschaft Ihres Präsidenten. Ein Gesandter des ideologischen Trump-Systems, ein Brückenkopf auf der anderen Seite des Atlantiks – ausgestattet mit dem Auftrag, die hiesige Politik zu infizieren, und zwar nach dem Muster hiesiger Rechtspopulisten: Mal schauen, wie weit ich gehen kann, wie weit ich die demokratischen Normen in meinem Sinn verschieben kann.
Sie setzen sich über die ungeschriebene politische Regel hinweg, dass Diplomaten nicht aktiv in die Politik eingreifen sollten. Es genügt Ihnen nicht, als Botschafter die sowieso arg angeschlagenen deutsch-amerikanischen Beziehungen zu gestalten. „Diplomat zu sein bedeutet für mich, Klartext zu sprechen – gerade gegenüber Freunden“, sagten Sie einmal. Aber wenn Sie Freundschaft sagen, meinen Sie Gehorsam und Gefolgschaft. Sie wollen lieber gleich Deutschland und Europa gestalten und gerieren sich dabei wie ein antieuropäischer Cheerleader, indem Sie ankündigen, „Konservative“ zu unterstützen, die sich gegen die Eliten auflehnen. Vermutlich sind Sie der einzige Botschafter der Welt, der sich nicht zur Elite zählt.
Dass Sie Deutschland wahlweise drohen oder zu erpressen versuchen, übersteigt Ihre Kompetenzen. Ob sich deutsche Firmen am Bau der Ostsee-Pipeline beteiligen und sich das Land damit abhängig macht von russischem Erdgas, ob Berlin beim Ausbau des neuen Digitalnetzes chinesischer Technologie vertraut, obliegt allein der deutschen Regierung, nicht der in Washington, und noch weniger deren Botschafter. Und noch etwas, Herr Grenell: Sie sollten deutschen Unternehmen nicht Geschäfte mit dem Iran verbieten, solange es US-Konzerne gibt, die mit einem Regime wie Saudi-Arabien um Waffen dealt, einem Staat also, der systematisch Menschenrechte unterdrückt.
Es geht nicht so sehr darum, ob die Forderung berechtigt ist, dass Deutschland seine Rüstungsausgaben bis 2024 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukt erhöhen soll. Darüber kann und muss man reden. Verstörender ist, dass Ihr Präsident die Europäer wie Untergebene herumkommandiert, sie unter Druck setzt und im geopolitischen Machtkampf mit Russland und China zu instrumentalisieren versucht. Herr Trump macht es uns Europäern zunehmend schwer, ihn und sein Handeln zu verstehen. Es genügt ihm offenbar nicht, mit seinen Ressentiments die eigene Nation gespalten zu haben – einem Staat, dessen Landschaften so weit sind, wie es die Herzen der Menschen einst waren. Wenn Sie wie sein Agent nun daran mitwirken, Europa in einzelne Lager zu dividieren, sollte Deutschland Sie nach Hause schicken.
Mit besten Grüßen nach Berlin
Eike Lenz
Wenn unsere gierigen Wirtschaftsbosse Rückgrat hätten, würden sie mal auf ein paar Milliarden Gewinn verzichten und den Amis zeigen, was uns ihre Politik interessiert. Aber wehe diesen Gedanken, sofort wird ein Horrorszenario heraufbeschworen und die dumme Bevölkerung glaubt alles.
Aber auch wenn ich dem Brief inhaltlich durchaus zustimme - letztlich wird der Mann in Deutschland erfrischend wenig beachtet. Und das ist gut so und sollte auch so bleiben.
Was er sagt ist ja nicht so sehr das Problem – sondern dass er sich in das einmischen möchte, was in der Diplomatie üblicherweise als die inneren Angelegenheiten eines Landes bezeichnet werden. Das steht ihm in seiner Rolle einfach nicht zu.
Darauf gibt es nur eine angemessene Reaktion: einfach nicht beachten!
Was soll eigentlich die ganze Aufregung!?
Der ist ein grosses Kind, der will nur spielen ...