
Sehr geehrter Herr Aubameyang! Ich weiß, mit Journalisten haben Sie es in letzter Zeit nicht so. Kritik an Ihrer Person – das passt nicht in Ihr Selbstverständnis. Entsprechend harsche Reaktionen aus dem Hause Aubameyang mussten daher in den vergangenen Tagen vor allem Kollegen von „Bild“ und „Kicker“ einstecken. Ob Sie da Zeit haben, sich auch über eine Regionalzeitung, weit weg von Dortmund oder anderen Fußballmetropolen, zu ärgern? Egal, ich muss es einfach loswerden: Herr Aubameyang, Sie treten den Fußball mit Füßen!
„Natürlich tue ich das, damit verdiene ich schließlich mein Geld“, mögen Sie jetzt denken. Aber ich meine das natürlich im übertragenen Sinn. Sie kennen die Redensart vielleicht. Sie bedeutet so viel wie „etwas missachten“ oder „sich über etwas hinwegsetzen“. Und deswegen passt sie so gut auf Sie. Als Fußballfan wird man so ziemlich vor jeder Live-Übertragung mit Respekt- und Fairplay-Kampagnen berieselt. Teamgeist wird schon den jüngsten Nachwuchskickern in jedem Dorfverein eingeimpft. Leidenschaft für den Sport und seinen Klub gelten als Lebenselixier des Fußballs.
Wie passen diese Werte mit Ihrem Verhalten in der jüngeren Vergangenheit zusammen? Gar nicht! Würden Sie in der Kreisklasse kicken, hätten Sie zuletzt mehrfach fünf Euro in die Mannschaftskasse zahlen müssen. Bei Borussia Dortmund wurden Sie in den vergangenen 14 Monaten dreimal von drei verschiedenen Trainern wegen mangelnder Disziplin vorübergehend suspendiert. Sie haben eine wichtige Mannschaftsbesprechung geschwänzt. Kamen mehrfach zu spät zum Training. Provozierten mit einem nicht genehmigten Werbedreh auf dem Trainingsgelände. Machten aus dem Trainingslager in Spanien einen Familienausflug, indem Sie Ihren Vater und Ihre Brüder im Mannschaftshotel einquartierten. Anstatt nach Ihrer jüngsten Suspendierung Reue zu zeigen, trafen Sie sich mit Kumpels zu einem Freizeitkick. Das alles sorgte dafür, dass Sie in der mannschaftsinternen Beliebtheitstabelle auf einem Abstiegsplatz stehen sollen.
Dass Sie mit Ihrem Verhalten offensichtlich einen Wechsel zu Arsenal London trotz laufenden Vertrags erzwingen wollen, ist eine durchschaubare Strategie. Sie wären nicht der Erste, dessen Unterschrift nicht bis Vertragsende gilt, sondern nur bis zu dem Zeitpunkt, an dem genügend Geld auf dem Tisch liegt. Das macht die Sache aber nicht besser. Zugegeben: Verbände – allen voran Fifa und Uefa – und die großen Vereine geben, was Werte und Moral angeht, häufig auch ein jämmerliches Bild ab. Aber es sind Spieler wie Sie, die im Rampenlicht stehen. Und gemeinsam mit vielen Funktionären und Spielern stehen auch Sie für einen Sittenverfall im Profifußball.
Man mag den 72-jährigen Jupp Heynckes einen aus der Zeit gefallenen Fußballromantiker nennen. Aber er hatte recht, als er kürzlich sagte: „Man muss den Spielern verdeutlichen, welche Verantwortung sie haben, nämlich nicht nur die, am Ende des Monats auf den Kontostand zu schauen.“ Fußball, erinnerte der Bayern-Trainer, sei „ein Mannschaftssport, wo man nicht nur egoistisch seine eigenen Ziele verfolgen darf und soll, sondern wo man erst mal den gesamten Klub sehen muss, die Mannschaft und die Fans natürlich.
Denn wir müssen auch aufpassen, dass die Fans uns nicht irgendwann den Rücken kehren“. Fans übrigens, die letztendlich Ihren – das darf man wohl sagen – extravaganten Lebensstil möglich machen. Mit Blick auf Ihre Person resümierte Heynckes, es sei „nicht akzeptabel, was einige Spieler im Moment in der Bundesliga bzw. im Profifußball veranstalten“.
Ein „Kicker“-Journalist hat es anders ausgedrückt und Ihre regelmäßigen Eskapaden als „Affenzirkus“ bezeichnet. Ihre Reaktion? Sie fühlten sich rassistisch angegriffen. Ihr Vater hatte dem Sportreporter gar vorgeworfen, „dass er uns in Hitlers Zeiten zurückbringen will“. Lassen Sie sich hierzu sagen: Ja, es gibt Rassismus in Deutschland. Auch in den Stadien. Um das Politische in Fußballersprache auszudrücken: Wir haben Probleme auf Rechtsaußen. Wer aber Rassismus konstruiert, läuft Gefahr, echten Rassismus zu verharmlosen. Der Spruch mit dem „Affenzirkus“ war sicher kein Rassismus, sondern eine weitere Redensart, die auf Ihr Verhalten passt.
Ich fände es am besten, wenn Borussia Dortmund Sie nicht verkaufen würde. Noch besser fände ich es, wenn Vereine Abstand davon nehmen würden, Spieler zu kaufen, die sich von ihren aktuellen Klubs wegstreiken wollen. Und am besten fände ich es, wenn für Spieler wie Sie ein Tribünenplatz reserviert wäre – bis Vertragsende. Das wäre ein starkes Signal. Umsetzbar ist das wohl aus wirtschaftlichen und in Ihrem Fall auch aus sportlichen Gründen kaum. Was bleibt? Nach Niederlagen hört man von Profi-Kickern gerne die Floskel „Nächste Woche müssen wir Charakter zeigen“. Vielleicht nehmen Sie sich diesen oft nur so daher gesagten Satz zu Herzen.
Mit freundlichen Grüßen
Benjamin Stahl, Redakteur