Zadie Smith kennt sich in „NW“ bestens aus. Es ist die Postleitzahl des multikulturellen und an vielen Stellen armen Londoner Nordwestens, wo die Schriftstellerin aufgewachsen ist. Schon häufiger hat Smith Geschichten dort spielen lassen und ihren neuen Roman nun sogar danach benannt: „London NW“.
Die Autorin verbringt inzwischen einen Großteil ihrer Zeit in New York, wo sie als Professorin an der New York University arbeitet, aber „NW“ lässt sie nicht los. Diesmal begleitet sie vier junge Menschen durch den Stadtteil: Leah, Natalie, Felix und Nathan. Sie stammen aus zerrütteten Elternhäusern und kämpfen – mehr oder weniger erfolgreich – mit dem Alltag. Beziehungen und Jobs kommen und gehen, trotzdem scheint immer irgendwie etwas zu fehlen zum Glück. Smith erzählt die Geschichten der vier jungen Menschen einzeln, aus ihren jeweiligen Perspektiven, und webt die Handlungsstränge dann kunstvoll ineinander. „In diesem Buch weiß man nie, wie die Dinge zusammenkommen werden oder was als Nächstes passieren wird“, schrieb die „New York Times Book Review“.
„London NW“ ist bereits der vierte Roman der 38-jährigen Smith, die zwischendurch auch noch Zeit für Kurzgeschichten und Essays findet. Vor allem für „Von der Schönheit“ und „Zähne zeigen“ wurde sie von Kritikern und Lesern gefeiert und mit zahlreichen Preisen bedacht. Smith gilt als Meisterin der scharfen Beobachtungen der kleinen Dinge und Zwischentöne und als Meisterin im Einfühlen in andere Menschen.
Das zeigt sich auch in ihrem neuen Buch. „Smiths scharfes Ohr für Dialoge und ihr Sinn für die Verortung und den Rhythmus der Londoner Straßen sorgen für einige angeregte und einprägsame Szenen in diesem Buch“, schrieb die „New York Times“ und kürte den Roman zu einem der zehn besten des Jahres 2012 in den USA. Am 9. Januar erscheint es auch auf Deutsch. Während die „New York Times Book Review“ den Roman als „radikal, leidenschaftlich und real“ feierte, meinten die Kollegen von der Literaturredaktion der „New York Times“, die Figuren seien zu stereotyp und würden zu wertend beschrieben. Es dauert, sich in die Charaktere und Smiths Sprache hineinzufinden. Aber es lohnt die Mühe. In ihren besten Momenten ist die Prosa von Smith, wie die „New York Times“ schrieb, „magisch“.
Zadie Smith: London NW (Kiepenheuer & Witsch, 427 Seiten, 19,99 Euro)