
Er ist kein Freund von Thilo Sarrazin, der neben ihm wie ein Schönschreiber erscheint. Sein Buch bekommt keine publizistische Unterstützung, es wird als obszön und volksverhetzend dargestellt. Doch Akif Pirinçcis Überlegungen unter dem Titel „Deutschland von Sinnen“ verkaufen sich, erst wenige Tage auf dem Markt, wie warme Semmeln.
Bei Amazon war er zuerst auf der Bestsellerliste, auch in anderen schießt er nach oben. Und das, obwohl er in der „Zeit“ gleich nach Erscheinen seines Buches mit Hitler verglichen wurde.
Politik, Sex, Sinnlichkeit und der Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen, Gender-Entwicklung, Homo-Ehe, Frauenquote und Einwanderung – das alles vermixt diese Streitschrift, eine Abrechnung mit deutscher Gesellschaftspolitik. Für Pirincci, 54, haben „Lederschwulis“ und „Lesbis“ die Macht ergriffen, blöde „Hampelmänner“ das Sagen, und „Journalistenheinis mit Toleranzfurz im Kopf“ dürfen assistieren. Frauen auf dem Vormarsch in der Arbeitswelt, das biologische Geschlecht als nur soziale Konstruktion, gleichwertige Formen der Sexualität bis hin zu Transsexuellen – dieses „Abseitige“ und „Abnorme“ werde hierzulande propagiert. Der Autor hält strikt dagegen: „Ihr könnt mir nicht den Kopf vernebeln: 2 + 2 bleibt 4!“
Ein cholerisches Buch, ein Ausbruch, durchtränkt mit konsequenter Wutsprache. Viele stehen dem hilflos gegenüber. Ist das der Akif Pirinçci mit den feinen Katzengeschichten, den kriminalistischen Tierfabeln als Spiegel für Menschen, dessen „Felidae“ sich millionenfach verkaufte, in 17 Sprachen übersetzt und verfilmt? Wieso wird der „Felidae“-Vater zum Berserker? Es wäre interessant zu erfahren, wie vielen Verlagen Pirinçci sein Pamphlet zum Druck anbot. Es ist in einem Nischenverlag erschienen, bei der Warenhauskette Manufactum, die bisher nicht mit literarischen Ambitionen auffiel.
„Es gibt sie noch, die guten Dinge“, verkündet deren Gründer Thomas Hoof, der Erfolg hat mit hochpreisigen Produkten wie Filzpantoffeln aus Österreich, Fahrrädern im 30er-Jahre-Stil, Möbeln wie in den Fünfzigern und Klamotten, wie sie unsere Großeltern trugen, nur aufgemotzter.
Pirinçci will provozieren. Im Mittagsmagazin „Talk“ des ZDF durfte er über sein Buch sprechen, er tat es kantig, indem er aus ihm das ZDF-Motto persiflierte: „Mit dem Arschloch sieht man besser.“ 1969 war er als Zehnjähriger mit den Eltern aus der Türkei in die Eifel gekommen, die Familie empfand es als ein „unfassbares Geschenk“. Anders als Migranten heute wären seine Eltern, schreibt Pirinçci, nie „auf die Idee gekommen, ihrem deutschen Umfeld mit ihrer Religion auf den Sack zu gehen“. Mit der hat auch der Sohn es nicht. Im Islam, behauptet er, würden Männer versuchen, die sexuelle Wahl der Frau zu verhindern. Das sei aber doof, denn wenn sich die Frauen ihre Sexualpartner nicht selbst aussuchen dürften, käme kein frisches Blut mehr in deren Milieu, und das führe zur Degeneration. Dennoch ist er sicher, dass der Islam sich „diesen Staat zur Beute machen“ werde, weil er sich von Türken und Arabern und deren Clans auf der Nase herumtanzen lasse. Deutschland als Nasenbär.
Akif Pirinçci ist zum Anarchisten geworden, der er wohl immer schon war. Er kennt sein gelobtes Land nicht wieder, er schmäht und beleidigt es, weil er es, wie er sagt, liebt. Er findet es vulgär und attackiert es deshalb vulgär – ein Schmerzensschrei, den der Autor offenbar mit vielen teilt. Und er verdient gut an ihnen.
Akif Pirinçci: Deutschland von Sinnen. Der irre Kult um Frauen, Homosexuelle und Zuwanderer (Manufactum, 278 Seiten, 17,80 Euro)
Hinweis der Redaktion:
Familie Hoof hat keinen nationalsozialistisch sympathisierenden Hintergrund
In dem Online-Angebot der Main-Post vom 13. April 2014 ist in dem Beitrag "Wutbuch von Akif Pirincci: Der „Felidae“-Vater wird zum Berserker " in Bezug auf die Familie des Herrn Thomas Hoof formuliert worden: "Hoofs Familie hat einen Nazisympathie-Hintergrund, haben die Medien, das linke Gesocks, herausgefunden; bisher wurde nicht das Gegenteil belegt."
Soweit hierdurch die Behauptung aufgestellt wird, die Familie des Herrn Thomas Hoof habe einen Nazisympathie-Hintergrund und zudem der falsche Eindruck entstanden sein sollte, die Medien hätten hierzu belastbare Rechercheergebnisse, stellen wir hiermit richtig, dass die Familie des Herrn Thomas Hoof keinen nationalsozialistisch sympathisierenden Hintergrund hat und Medien hierzu auch keine belastbaren Rechercheergebnisse haben.