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WÜRZBURG
Würzburger Mozartfest: Eine Harzreise mit Goethe und Christian Gerhaher
Ursula Düring
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:28 Uhr

Der Bariton Christian Gerhaher gilt als der beste Liedsänger der Gegenwart. Nach Dietrich Fischer-Diskau setzt er mit seinen intellektuell durchdachten und trotzdem sinnlich vorgetragenen Interpretationen neue Maßstäbe in diesem Genre. Wen wundert's, dass der bedeutende Komponist Wolfgang Rihm ihm und seinem Duo-Partner Gerold Huber seine Vertonung von Goethes Text „Harzreise im Winter“ widmete.

Im ausverkauften Kaisersaal der Würzburger Residenz, in dem an diesem Mozartfest-Abend ausschließlich Vertonungen von Goethe-Gedichten zu Gehör kommen, werden Rihm und die Zuhörer Zeugen der Uraufführung, der Neugeburt der in Töne geschmiedeten, beinahe archaisch anmutenden Worte des Dichterfürsten. Goethe verfasste sie im Jahr 1777 nach einer gefährlichen Dezemberwanderung auf den Brocken, einer Art Suche nach seinem zukünftigen Lebensweg als Regierungsbeamter.

Unglaublich viele Farben

Aus dieser psychischen Extremsituation heraus ist kein gereimtes Liedchen mit wohligen Reimen und feiner Rhythmik entstanden. Frei fliegen die Sätze, weit weg von dem harmonischen Weltbild der Weimarer Klassik, ballen sich überschwängliche Wortsphären über Goethes Bilderfelder und Seelenlandschaften. Der Magier Gerhaher trägt sie beinahe statisch vor.

Bewegung bringen die unglaublich vielen Farben seiner Stimme. Da werden Ideen und Zweifel hörbar, Gedankenfetzen, existenzielle Bedrohung. Mit unglaublicher Dynamik, aber ohne Pathos versenkt sich der Bariton mit der Tiefgründigkeit seiner Stimme in Rihms Musik, der die chromatisch-engen Intervallschritte, die reinen Tonsprünge und die ungewöhnliche Rhythmik vieles abverlangen.

Dramatik und Freude

Text und Töne verschmelzen in ein großes Ganzes, bilden eine Klangeinheit mit dem, was Gerold Huber, kongenialer Partner des Baritons und Professor für Liedbegleitung an der Würzburger Musikhochschule, aus dem Flügel zaubert. Ihm fliesen die wechselnden Takte, die pathetischen Sprünge, die schlichten Momente nur so aus den Fingern.

Vertrauter, harmonischer dagegen Franz Schuberts Vertonungen. Sänger und Pianist verbreiten eine Atmosphäre der Melancholie, der Sehnsucht, der Hoffnung, der Klage. Während Huber sein Instrument singen lässt, große Bögen zelebriert oder einzelne Tontropfen, formen seine Lippen stumm die Worte. Dazu hat Gehaher für jeden Vokal eine individuelle Schattierung. Der mehrfach ausgezeichnete Künstler vermittelt schillernden Glanz, fahle Helligkeit, Dramatik und Freude – bleibt dabei wahrhaftig und bei sich.

 
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