Mit dem extrem tanzbaren Tekkno-Jazz des Trios Analogue Birds endete Sonntagnacht das 36. Würzburger Jazz-Festival. Vorausgegangen war am Samstag und Sonntag im Felix-Fechenbach-Haus eine stilistisch vielfältige und qualitativ hochwertige Folge von fünf weiteren Formationen, die jede für sich die Grenzen des Jazz-Begriffs in einem jeweils anderen musikalischen Feld erweiterte.
Das gilt auch und ganz besonders für den Posaunisten Nils Wogram, der nicht nur wegen der vielen Auszeichnungen, unter anderem mit dem Albert-Mangelsdorff-Preis 2013, und über 30 eigenen CD-Einspielungen mit unterschiedlichen Formationen, zu den bekanntesten und kreativsten Köpfen der mittleren Generation deutscher Jazzer zählt. Der 1972 in Braunschweig geborene Bandleader und Komponist lebt seit vielen Jahren in Zürich und lehrt seit 2004 an der Hochschule Luzern. Nach Würzburg war er mit seinem seit 2004 bestehenden Trio "Nostalgia" und Stücken aus dessen fünftem Album "Things We Like to Hear" gekommen.
Schnelle Klangfolgen auf der Posaune
Was nach einem sehnsüchtig verklärten Blick in die gute, alte Zeit klingen mag, entpuppt sich beim Auftritt in Würzburg als formidable Konzentration auf das Wesentliche: die Emotionalität und Spielfreude des Jazz. Schlagzeuger Dejan Terzic, einst Student an der Würzburger Musikhochschule, und Organist Arno Krijger sind die idealen Partner für dieses in den Strukturen reduzierte, in der Improvisation aber höchst ausufernde Musizieren. Das deutet sich gleich bei "Lucerne or Japan", der Eröffnungsballade ihres Auftritts an, steigert sich bei "Rich People in a Bad Mood" zu einer intensiven, schnellen Klangfolge, in der Wogram seiner Posaune Töne entlockt, wie man sie nicht für möglich halten würde.
Doch seine musikalischen Partner greifen diese mühelos auf und spinnen sie genauso virtuos weiter. Noch mehr Freiräume erhalten Schlagzeug bei "Quality is our Responsibilty" und Orgel bei "Soft Power", während das titelgebende "Things We Like to Hear" geradezu perfekt das programmatische Anliegen von Nils Wogram umsetzt, "Intellekt und Körper zusammenzubringen". Zweifellos einer der Höhepunkte der beiden Tage.
Homo Ludens lotet Grenzen aus
Eröffnet hatte die 36. Ausgabe der Festivals der umtriebige Würzburger und Wahl-Münchner Georg Kolb mit seinem Fusion-Quartett "Distances" und namhaften Gästen wie dem Oud-Spieler Roman Bunka, sowie einem sechsköpfigen Chor. Aufhorchen ließen auch das von Sonny Rollins geprägte, junge Mannheimer Quintett Pentatrip, die mit einem Streichquartett neue Grenzen auslotende Münchner Formation Homo Ludens des Multi-Instrumentalisten Ralph Heidel und das selbstironische und mit originellen Instrumenten wie Alphorn aufwartende Trio des Pianisten David Helbock.
Lauschte man den Pausengesprächen des Publikums, so hörte man immer wieder das Lob auf die absolut metropolentaugliche Qualität von Programm und Organisation des Festivals. Diesem Lob kann man in jeder Hinsicht nur zustimmen.