Hinten links, unter dem großen Baum an der Tribüne, da steht ein kleines Grüppchen Zuhörer, die so noch nicht zu sehen waren in der Geschichte des Würzburger Hafensommers. Reggae-Freunde mit gehäkelten Mützen im klassischen Schwarz-Rot-Gelb- Grün. Reggae-Freunde, wo sonst Jazz-Liebhaber und Freunde intelligenter Popmusik und musikalischer Geheimtipps das Publikum bilden? Was war passiert?
Es spielt wieder einmal der große norwegische Trompeter Nils Petter Molvaer auf den Mainwiesen. Und hatte er bei seinem Gastspiel vor drei Jahren zwei besondere Musiker an Schlagzeug und Gitarre (Erland Dahlen und Stian Westerhus) mitgebracht, so kommt er nun mit dem berühmtesten aller jamaikanischen Rhythmus-Duos: Sly Dunbar und Robbie Shakespeare, ein legendäres wie innovatives Schlagzeug-Bass-Doppel nicht nur für die Reggae-Fraktion.
Für Bob Dylan und Madonna, die Rolling Stones oder Joe Cocker haben Sly & Robbie in den vergangenen 40 Jahren schon tief-komplexe Rhythmen besorgt. Wieso also nicht für Molvaer, der gerne mit und zwischen Genres experimentiert?
Gehen das elegante, klare Spiel des Lyrikers an der Jazztrompete mit dichten Dub-Grooves, elektronisch-satten Soundteppichen und viel, viel, viel Hall zusammen? (Gitarrist Eivind Aarset und der finnische Elektroniker und Live-Sampling-Spezialist Vladislav Delay sitzen noch mit auf der Bühne.)
Ziemlich regungslos
Nach wenigen Takten schon ist klar: Das funktioniert. Das funktioniert gut! Wunderbare Klangfarben wogen über die Mainwiesen – die farbsatt-schöne Illumination der Bühne in Rot, Blau, Grün könnten sich die Bühnentechniker glatt sparen. Was ist sonst zu berichten? Da musizieren fünf Könner eine gute tolle Stunde lang ziemlich regungslos und stoisch fast, aber treibend und musikalisch mächtig. Der Drummer hat einen schwarzen Schutzhelm auf, Molvaer haucht und improvisiert trotz beständigen Halls minimalistisch schön, der Bassist groovt mit cooler Souveränität.
Bis, ja bis Robbie Shakespeare die Reggae-Hymne „Satta Massagana“ anstimmt. Hinten, unter dem Baum, wird mitgesungen und getanzt. Bei einer bemerkenswerten Version von Pink Floyds „Another Brick in the Wall“ wippt dann die Mehrzahl im Publikum. Ein wenig Hin und Her von Sänger und Mitsingpublikum noch. Das war's. Molvaer mit spannender Begleitung? Gerne wieder.