Brodelnde Hexenkesselatmosphäre, Hunderte stehend jubelnder, tanzender, singender, trampelnder Menschen jeden Alters, rhythmisches Klatschen, Hochwerfen der Arme – nein, das war am Montagabend nicht Woodstock. Das war der altehrwürdige Max-Littmann-Saal im Regentenbau des beschaulichen Bad Kissingen.
Ordentlich eingeheizt hatte hier das Baltic Sea Philharmonic, angefeuert vom energiedampfenden Kristjan Järvi. Nichts als Begeisterung konnte diesem wie ein Orkan übers Publikum hinweg fegenden Spektakel folgen, diesem Feuerwerk an Eindrücken, zu welchem das Programm „Waterworks“ Musik, Licht- und Sounddesign (Sun Beam Productions) und Projektionskunst vereint.
Rhythmisches Spiel mit Wasserschüsseln
„Was möglich ist, ist möglich – was unmöglich ist, auch.“ lautete Järvis Botschaft nach eineinhalb Stunden pausenloser Sinneseindrücke. Geschafft hatte das ein Orchester mit herausragenden jungen Musikern aus zehn Ländern, mit Leidenschaft und Emotion, dazu fast an Besessenheit grenzender Spielfreude. Das Cross-Over-Programm präsentierte zunächst einen barock-jazzig-rockig-popigen „Wassermusik“-Mix im Spannungsfeld zwischen Georg Friedrich Händel, dem Gitarristen, Komponisten und Rapper Gene Pritsker sowie dem Komponisten und Sänger Charles Coleman.
Im Saal changierten Farben und Muster aus zahlreichen Scheinwerfern, aus den Lautsprechern plätscherten, tropften, glucksten, blubberten und rauschten Wassergeräusche, schließlich flutete auch das Orchester langsam auf die Bühne. Rhythmisches Spiel mit Wasserschüsseln bei den drei Perkussionisten, Saitenschaben bei den Streichern, ein wenig Bühnennebel, dann eine wilde Jazznummer im Chicago-Sound, dazwischen barocke Elemente in dezenter Eleganz, höfisch gelenkt durch Zeremonienmeister Järvi.
Bläsersounds versprühen feurige Glut
Übergang zu Philip Glass und dessen folkloristischem „Aguas da Amazonia“ in der farbreichen Orchestrierung von Coleman: Die hochklassigen Schlagzeuger fahren auf, was das Instrumentarium bietet, Regenstab, Metallisches bis hin zum Tamtam, alle möglichen Trommeln, sie wirbeln unermüdlich über Marimba und Vibrafon.
Aus dem Orchester entsteht Fantastisches, Sinnliches, man wähnt sich in einem Urwald voll exotischen Vogelgezwitschers, gleitet im Strom durch Natur und Landschaften, sinkt sanft in eine berauschende, suggestive Ewigkeit. Südamerikanische Tanzformen flackern auf, die Bläsersounds versprühen feurige Glut, die Streicher spielen sich die Finger wund, Donnerzuspielung, es kracht und blitzt im Saal.
Alle leben hier die Musik, haben sie im Blut: Dieser Funke springt über.