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HAMBURG
Wie Ulrich Wickert seine Krimis konstruiert
dpa
 |  aktualisiert: 11.12.2019 20:04 Uhr

„Herr Wickert, wann kommt Ihr nächster Krimi?“ Über diese Frage bei seinen Lesereisen freut sich Ulrich Wickert, der frühere „Tagesthemen“-Moderator, am meisten. „Wenn ich plötzlich merke, dass es immer wieder Leser gibt, die die von mir geschaffenen Personen mögen und von denen mehr wissen wollen – das macht mich als Autor glücklich“, erzählt Wickert. Doch die Fans des Untersuchungsrichters Ricou, den Wickert regelmäßig auf Mördersuche schickt, müssen sich gedulden. Zunächst feiert der Schriftsteller am 2. Dezember seinen 70. Geburtstag, „im kleinsten Familienkreis“.

Nach Abschluss der Lesereise für sein jüngstes Buch „Neugier und Übermut“, nach Wickerts Worten eine „Arbeitsbiografie“, will der Autor wieder ins fiktionale Geschehen abtauchen. Der Zuspruch seiner Krimi-Fangemeinde rühre ihn und mache ihn als Autor auch sehr zufrieden, bekennt Wickert. „Deswegen ist es dringend notwendig, dass der nächste Fall gelöst wird.“

Faszinierende Menschen

Die Ideen dazu hat der Literaturkenner längst gesammelt. „Ich nehme an, dass ich mich im Januar eine Woche hinsetze, meinen Ordner vornehme, die Ideen sortiere und den nächsten Fall konstruiere“, sagt Wickert. „Ich vergesse häufig, was ich da drin habe.“

Unvergessen sind vielen Zuschauern Wickerts Moderationen der „Tagesthemen“ – mit Seriosität, Charme, intellektuellem Witz und verschmitztem Lächeln. Als der 1,96-Meter-Hüne 1991 auf dem Moderatorenstuhl im Hamburger TV-Studio Platz nahm, hatte er schon eine eindrucksvolle Karriere für die ARD zu verzeichnen. „Es war mein Lebenstraum, Korrespondent in New York zu werden“, schreibt Wickert, der Jura studierte und ursprünglich – wie sein Vater – eine Diplomatenkarriere anstrebte. Mit seiner Berichterstattung aus Washington und Paris hatte sich Wickert, der als Redakteur beim Polit-Magazin „Monitor“ startete, einen Namen gemacht.

Nun also wieder die USA: „Dort lernte ich durch meine Arbeit faszinierende Menschen kennen, wie Tennessee Williams, Arthur Miller, Roy Lichtenstein, Claes Oldenburg, Fritz Stern . . .“ Die Liste könnte Wickert in seinem Internetauftritt vermutlich ellenlang verlängern. Neben seiner Vita hat der „Anchorman“, der nach 15 Jahren die „Tagesthemen“ an Tom Buhrow abgab, online auch Filmbeiträge eingestellt: Interviews, Pannen aus dem TV-Geschäft sowie folgenden Selbstversuch. Ulrich Wickert überquert in Paris die Place de la Concorde, einen der verkehrsreichsten Plätze überhaupt und sein täglicher Arbeitsweg. „Das ist das Stück, an dem ich am meisten gemessen werde“, meint der Fußgänger. „Herr Wickert, das habe ich auch nachgemacht“, bekomme er oft zu hören. „Und das bleibt von meinem journalistischen Leben übrig – na ja!“, merkt der Publizist ironisch an.

Seine „Arbeitsbiografie“ hat Wickert seiner Ehefrau Julia (40), Vorstandsmitglied im Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr, gewidmet sowie seiner erwachsenen Tochter aus erster Ehe und seinen im Frühjahr geborenen Zwillingen.

„Ich muss mich mehr der Organisation der Familie widmen. Ich habe mehr Alltägliches zu tun. Das genieße ich. Es ist zeitraubend, keine Frage, aber es lohnt sich“, sagt Wickert zu seinem veränderten Arbeitsalltag. Vielleicht müssen seine Leser noch etwas länger auf den nächsten Krimi warten.

 
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