zurück
BERLIN
Wie Nordamerikas Indianer ihre Kultur und viele ihr Leben verloren
dpa
 |  aktualisiert: 07.08.2013 18:04 Uhr

Die Eroberung Nordamerikas brachte zahllosen Indianern das Verderben: Sie starben an eingeschleppten Krankheiten und an Hunger, verloren Land an europäische Siedler oder wurden getötet. Der Western „The Lone Ranger“ mit Johnny Depp wirft nun ein Schlaglicht auf die Situation der Ureinwohner (eine Besprechung des Films finden Sie oben).

Bevor Christoph Kolumbus, der als Entdecker Amerikas gilt, 1492 die vorgelagerten karibischen Inseln erreichte, lebten Schätzungen zufolge bis zu 18 Millionen Menschen im Norden Amerikas. 1890 gab es noch 250 000 Indianer. „Das war der Tiefpunkt“, erklärt Markus Lindner, Nordamerika-Ethnologe an der Goethe-Universität in Frankfurt. „Man kann schon von einem Genozid sprechen“, sagt Martin Klepper, der an der Berliner Humboldt-Universität Professor für amerikanische Kulturgeschichte ist. Lindner weist darauf hin, dass auch die Nachkommen „ganz klar“ von Völkermord sprächen. „Die frühe Vertreibung ist ganz stark auf politische und ökonomische Motive gegründet“, sagt Klepper. Die Europäer brauchten Land – und eine Infrastruktur wie Eisenbahnstrecken in den 1860er Jahren. Korrekte Verträge sahen die meisten Indianer nicht. „Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts beginnt die Massenvertreibung“, erklärt Klepper.

Dafür steht der „Trail of Tears“ (Pfad der Tränen). Unter Präsident Andrew Jackson wurde 1830 das Gesetz „Indian Removal Act“ erlassen. Danach wurden mehrere Stämme, darunter die Cherokee, vertrieben und in das Indian Territory, heute Oklahoma, umgesiedelt. Zuvor hätten sie unter Druck zweifelhafte Verträge unterschrieben, sagt Lindner. Tausende starben auf dem Weg, vor allem an Hunger. Und die Überlebenden verloren ihre Kultur. „Andere Stämme haben Ähnliches erlebt.“ Ein zweites Beispiel ist Wounded Knee in South Dakota. Dort umzingelten 1890 Soldaten ein Lager von Minneconjou-Indianern, die zu den Lakota-Indianern aus der Sioux-Sprachfamilie gehören, um sie zu entwaffnen. Dabei löste sich ein Schuss, die Soldaten feuerten in das Lager, am Ende waren bis zu 300 Tote – darunter auch Soldaten – zu beklagen. Auch der Stammeshäuptling Spotted Elk ließ sein Leben bei dem Massaker. Am 25. Juni 1876 hatte er mit Sitting Bull, Crazy Horse und anderen in der legendären Schlacht am Little Bighorn dem 7. Kavallerieregiment der US-Armee eine vernichtende Niederlage zugefügt, bei der unter anderem General George Custer fiel.

1973 besetzten Anhänger der American Indian Movement (AIM) mehr als drei Monate lang Wounded Knee und machten die Welt auf das Schicksal der Indianer aufmerksam. Einer der Besetzer, der 2012 gestorbene Russell Means, wurde als Schauspieler bekannt.

Sein Kollege Johnny Depp brachte Wounded Knee Mitte Juli wieder in die Schlagzeilen. Das nur wenige Hektar große Stück Land will der Besitzer für 3,9 Millionen Dollar (drei Millionen Euro) verkaufen – sehr zum Ärger der Ureinwohner. Depp hat angekündigt, es zu kaufen und den Sioux zurückzugeben. Garfield „Little Dog“ Steele vom Stammesrat der Oglala Sioux sprach von einer großzügigen Geste. Heute leben Lindner zufolge 5,2 Millionen in Nordamerika, die sich als Indianer bezeichnen – darunter 2,9 Millionen in den USA und Kanada mit ausschließlich indianischen Wurzeln. 20 bis 30 Prozent lebten in den USA in mehr als 320 anerkannten Reservationen. Armut, Alkohol und Gewalt sind dort allgegenwärtig. „Das ist aber kein spezifisch indianisches Problem und auch nicht anders als in anderen armen Regionen der USA“, betont Lindner.

Eine Wiedergutmachung im großen Stil gab es laut Klepper bisher nicht – mittlerweile aber ein größeres Bewusstsein für die Situation der Indianer. Wichtige Feste und Zusammenkünfte würden wieder abgehalten. Klepper: „Die Auseinandersetzungen sind aber nicht beendet. Die Schlachten haben sich größtenteils in die Gerichte verlagert.“

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Andrew Jackson
Christoph Kolumbus
Filme
Indianer
Johann Wolfgang von Goethe
Johnny Depp
Nordamerika
Regionen der USA
Sioux
Ureinwohner
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen