„Hurra, wir leben noch“: leicht rauchig die Stimme, das Lied wie eine Hymne auf das Durchhalten gegen die Schicksalsschläge des Lebens. Über Jahrzehnte hat Milva den Titel gesungen, vor allem in Deutschland, wo die italienische Diva mit der roten Haarmähne wohl ihre größten Erfolge feierte. Deutsch sei ihre zweite Muttersprache, sagte sie einmal. An diesem Donnerstag (17. Juli) wird Milva 75 Jahre alt.
„Ich weiß, was ich will. Ich geb' nicht gern nach. Ich leg' mich nicht fest“, heißt es in einem anderen Milva-Song, der wohl auch für ihren Lebensweg stehen könnte. Als Maria Ilva Biolcati 1939 in Goro in der norditalienischen Provinz Emilia-Romagna geboren, sang sich die Tochter eines Fischhändlers und einer Schneiderin zunächst durch die Nachtclubs, sicherte sich aber bald, mit knapp 20 Jahren, bei einem Schlagerwettbewerb des italienischen Fernsehens RAI ein Stipendium für eine Gesangs- und Schauspielausbildung.
Die Liebe zu Bert Brecht
Dutzende Alben hat sie seitdem veröffentlicht. Sie gab Gastkonzerte, ging auf Tourneen, sang in der Mailänder Scala, dem Pariser Olympia-Theater und dem Almeida Theatre in London. Fast 20-mal trat sie beim Festival von San Remo auf.
Anfang der 70er Jahre entdeckte sie ihre Liebe zu Bertolt Brecht, trat an Giorgio Strehlers Mailänder „Teatro Piccolo“ als Seeräuber-Jenny in der „Dreigroschenoper“ auf und an der Deutschen Oper Berlin in „Die sieben Todsünden der Kleinbürger“. In der Folgezeit unternahm sie immer wieder Abstecher auf die Opernbühne, zum Beispiel als Prinz Orlowsky in Johann Strauß' „Fledermaus“.
Gleichzeitig wartete sie mit gelungenen Interpretationen von Edith-Piaf-Chansons und Zarah-Leander-Stücken auf, gab Opern-Gastspiele („Tosca“, „Peter Pan“) und widmete sich mit Hilfe von Astor Piazzolla dem argentinischen Tango, der zu einem ihrer Steckenpferde wurde. Ihre Altstimme war wohl wie geschaffen für die rauen Lieder des Griechen Mikis Theodorakis, der in den 70ern mit seiner Musik gegen die Diktatur der Generäle opponierte. Ein Millionenpublikum eroberte sie sich jedoch vor allem mit anspruchsvollen Schlagern, wie „Freiheit in meiner Sprache“ oder „Stark sein“.
Keine Interviews mehr
Neben ihrer Gesangskarriere stand Milva als Schauspielerin immer wieder vor der Kamera, etwa in Filmen mit Silvana Mangano, Annie Girardot, Otto Sander und Juliette Binoche. Ihre große Liebe blieben die Texte Brechts, mit denen sie weltweit ihre größten Erfolge feierte. 1996 brachte sie das Album „Milva singt einen neuen Brecht“ heraus.
Vielleicht nicht ganz so strahlend war Milvas Leben hinter der Bühne. Ihre einzige Ehe hielt zehn Jahre, Partner verließen sie. Nach 52 Jahren kündigte „La Rossa“ (Die Rote) 2010 ihren Rückzug aus dem Showgeschäft an – seitdem lebt sie weitgehend zurückgezogen. Sie müsse auf ihren Körper hören, den sie sehr schlecht behandelt habe, sagte sie damals in einem Zeitungsinterview. Es sei ihr Wunsch, keine Interviews mehr zu geben, erklärte ihre Assistentin Edith Meier jetzt.