„Undeutsch“ hat sich in den vergangenen Jahren als eine Art Qualitätskriterium für deutsche Filme eingebürgert. Ist ein Film „undeutsch“, bringt er zum Beispiel knallharte Action in die „Tatort“-Republik, ungewöhnliche, schnelle Schnitte oder eine Ästhetik, die dem an melancholische Kammerspiele oder bunte Romantik-Komödien gewöhnten Kinobesucher in Deutschland ungewohnt erscheint. So ein Werk ist „Who Am I – Kein System ist sicher“, ein Hacker-Film passend zu Daten-Skandalen a la NSA.
Der Film erzählt die Geschichte des jungen Benjamin (Tom Schilling), der die Nase voll davon hat, immer ein Niemand zu sein, und aus der trostlosen wirklichen Welt immer häufiger in die virtuelle flieht. „Im Netz kann ich sein, wer ich will. Dein Freund, dein Feind, ein Superheld“, sagt er. Als er versucht, seiner heimlichen Liebe Marie (Hannah Herzsprung) die Fragen für ihre Abschlussprüfung vom Uni-Server zu klauen, wird er erwischt und zu Sozialstunden verdonnert.
Ausgerechnet die sind aber sein Ticket in die ernsthafte Cyber-Kriminalität. Denn der ebenso charmante wie selbstbewusste und ebenfalls Sozialdienst leistende Max (Elyas M'Barek) wird auf ihn aufmerksam und hält ihn für eine große Bereicherung für seine kleine Hacker-Clique. So werden die beiden mit seinen Freunden Stephan (Wotan Wilke Möhring) und Paul (Antoine Monot) zur Hacker-Gruppe CLAY („Clowns Laughing @ You“), die zunächst vor allem mit Spaß-Aktionen in Clowns-Masken auf sich aufmerksam macht.
Sie laden zum Beispiel ein Video in die Präsentation einer Nazi-Partei, in dem Adolf Hitler Sex mit einem Hund hat. Immer nach dem Motto „Dreistigkeit siegt“. Doch der Gruppe reicht dieser Kleinkram irgendwann nicht mehr. Sie wollen mehr – vor allem den Respekt der Netzgemeinde. Also starten sie einen Angriff auf den Bundesnachrichtendienst (BND). Damit werden sie aber nicht nur zu Stars der Szene, sie geraten auch auf die Fahndungslisten von BKA und Europol und ins Visier von Cyber-Kriminellen von ganz anderem Kaliber. Teilweise rauschhaft zieht der zweite Langfilm von Baran bo Odar („Das letzte Schweigen“) den Zuschauer in die Welt des Darknet, des dunklen Netzes, in dem Hacker – unbemerkt von Otto Normalverbraucher – längst die Herrschaft über die Systeme dieser Welt an sich gerissen haben.
In immer neuen Wendungen erzählt er eine temporeiche Geschichte über den schmalen Grat zwischen Erfolg und Wahn und die Illusion von Sicherheit und Kontrolle. „Who Am I“ ist ein sehr spannender, sehr dunkler Film mit eindringlicher Musik geworden, der zudem mit hervorragenden Darstellern aufwartet. Die kammerspielartigen Szenen, in denen Benjamin von Ermittlerin Hanne Lindberg (Trine Dyrholm) vernommen wird, geben Hauptdarsteller Schilling die Möglichkeit zu zeigen, dass er eine Menge kann. „Tatort“-Kommissar Wotan Wilke Möhring überzeugt als impulsiver Hacker, dem kein Risiko zu groß ist, und Antoine Monot dürfte seinen Ruf als Ober-Nerd mit dieser Rolle in Stein gemeißelt haben.
Besonders spannend aber ist der Auftritt von Elyas M'Barek, der in erster Linie berühmt ist für seine Komödien „Türkisch für Anfänger“ und „Fack ju Göhte“. In „Who Am I“ läuft er vor allem dann zur Hochform auf, wenn er als Max Aggressionen zeigt. Kleinere Schwächen in leiseren Szenen dürften ihm seine mehr als zwei Millionen Facebook-Fans sicher verzeihen: • • • • • ο
Cinemaxx Würzburg, Cineworld im Mainfrankenpark, Filmwelt Schweinfurt, Movie Marktheidenfeld, Universum Bad Kissingen, Starlight Bad Neustadt, Broadway Wertheim