Es ist ein Ereignis, das man nicht allzu oft live erlebt: Dass Bedrich Smetanas sinfonische Dichtung "Mein Vaterland" im Abstand von weniger als drei Monaten in der Region gleich zweimal mit allen sechs Teilen auf die Konzertbühne kommt. Das bietet die Chance des unmittelbaren Vergleichs von Interpretationen, Orchestern, Dirigenten.
Während in Schweinfurt im Mai Jakub Hruša und die Bamberger Symphoniker den Nationalzyklus aus dem Land des Dirigenten inszenieren werden, machte im Mainfranken Theater das Philharmonische Orchester Würzburg unter der Leitung von Markus L. Frank den Anfang.
Smetana konnte eine Gesamtaufführung nicht mehr hören. Er war zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig ertaubt. Die grässliche Geräuschkulisse im Kopf, die der Komponist schon während der Arbeit am Großteil der Komposition zu ertragen hatte, demonstrierte die Musikdramaturgin des Mainfranken Theaters, Beate Kröhnert, in ihrer Einführung mittels einer akustischen Collage eindrücklich und bedrückend.
Spontaner Zwischenapplaus
Doch dann durften sich die Zuhörer an einer überzeugenden Interpretation der Philharmoniker erfreuen. Markus L. Frank, Generalmusikdirektor des Anhaltischen Theaters Dessau, lieferte eine sehr kompakte Darstellung, dirigierte weitgehend schnörkellos mit äußerst klarer Zeichengebung, fein im Detail, groß in der Gestik, wenn's darauf ankam.
Das Orchester musizierte wie immer mit großem Engagement - äußerlich bei einigen herzerfrischend erkennbar - und konzentriert bis in die letzte Feinheit. So gelang zur Eröffnung der aristokratische Gestus, der die mythische Königsburg "Vyšehrad" prunkvoll erstehen lässt. "Die Moldau" erblühte in sanfter Schönheit, glänzender Fläche und mit überschäumender Fröhlichkeit. Bemerkenswert, wie sanft und bruchlos hier zu Beginn des Satzes die einzelnen Instrumente ins Geschehen einfädelten. Spontaner Zwischenapplaus.
Eine ungeheure Vielfalt an musikalischen Episoden, zahlreiche Schnitte in den weiteren Sätzen galt es dann voneinander abzusetzen, ohne die große Linie zu verlieren. Dabei entstanden anschauliche, mitunter auch plakative Interpretationen der Legendengestalt Sárka, der böhmischen Haine und Flure oder der kleinen Stadt Tábor.
Frank verschmolz die Philharmoniker zu einem einzigen Organismus, bestens ausbalanciert, mit wenigen kleinen Eintrübungen bei intonatorisch hörbar heiklen Passagen. Hymnische Pathetik zum Schluss, starker Applaus für einen ausgesprochen fordernden Abend.