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WÜRZBURG (HELE)
Wenn sich ein Komponist in Opern-Figuren verliebt
Redaktion
 |  aktualisiert: 17.10.2017 13:06 Uhr

Weil Mozart im Stress war, kann das Würzbuger Mainfranken Theater eine ungewöhnliche Oper zeigen: Bei „La Clemenza di Tito“ erwartet die Zuschauer am Samstag eine Mischung aus Mozartscher Klassik und Neuer Musik.

1791: Mozart eilt von Termin zu Termin. Und arbeitet an der „Zauberflöte“. Da kommt auch noch der Auftrag, eine Oper für die Krönungsfeierlichkeiten von Kaiser Leopold II. zum König von Böhmen zu komponieren. Mozart sagt zu und fetzt in sieben Wochen – manche Quellen sprechen gar nur von 18 Tagen – die Musik zu „La Clemenza di Tito“ aufs Papier. Vor lauter Eile schreibt er nur Arien, Ensembles und Orchester-Musiken. Die Rezitative – Sprechgesänge, die diese Elemente verbinden – überlässt er einem Schüler, womöglich Franz Xaver Süßmayr.

Wann immer der „Titus“ aufgeführt wird: Immer ist also nur ein Teil von Mozart. Das wird auch am Mainfranken Theater so sein. Doch da geht man einen ganz anderen Weg. Die herkömmlichen Rezitative wurden entrümpelt. Zu hören ist die Neu-Vertonung der Rezitativ-Texte von Manfred Trojahn. Der renommierte Tonsetzer, vor zwei Jahren „Composer in Residence“ am Würzburger Theater, wählte die Radikal-Lösung. Mit simplen Akkorden für ein Cembalo, wie der ursprüngliche Rezitativ-Schreiber, hielt er sich nicht auf. Trojahn setzt das ganze Orchester ein. Mit seiner Musik formt Trojahn die Szenen zwischen den Arien musikalisch voll aus. Er will die Figuren psychologisch ausleuchten.

Der Eingriff ist enorm

Mozart selbst hat im „Figaro“ und „Don Giovanni“ in dieser Weise gearbeitet. Der „Titus“, seine letzte Oper, ist mit dem Wechsel zwischen Arie und Rezitativ so gesehen ein Rückschritt. Trojahns Eingriff in die Architektur der Oper ist enorm. Dessen ist er sich bewusst, das wollte er so. Ebenso suchte er den Kontrast zwischen Mozartischer und moderner Tonsprache: „Das Ziel war natürlich nicht, die Übergänge unmerklich zu gestalten“, so Trojahn. Das Publikum soll merken, wo Trojahn und 21. Jahrhundert drin stecken – die Arbeit am Titus entstand 2002 als Auftrag der Nederlandse Opera Amsterdam – und wo Mozart und 18. Jahrhundert. Im Stil des Klassik-Genies zu komponieren, lag nie in seiner Absicht (er würde es sich wohl auch nicht anmaßen). Trojahn: „Ich bin ja kein rekonstruierender Musikwissenschaftler, der versucht, einen historisch genauen, falschen Mozart nachzubauen, sondern ein Komponist, und der verliebt sich halt in die Personen eines solchen Stückes und macht sie zu seinen eigenen – und das natürlich in seiner Sprache.“

Trotz aller Kontraste: Manfred Trojahn sieht den „Titus“ als „durchkomponiertes Stück von zwei Autoren“ und letztlich doch irgendwie als Einheit.

Karten für die Aufführung: Tel. (09 31) 37 23 36.

 
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