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MASSBACH
Wenn Paul Maar schiefe Märchen erzählt
Das schiefe Märchen-Trio (von links): Wolfgang Stute, Paul Maar und Konrad Haas nach der Maßbacher Generalprobe.
Foto: Siggi Seuss | Das schiefe Märchen-Trio (von links): Wolfgang Stute, Paul Maar und Konrad Haas nach der Maßbacher Generalprobe.
sis
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:21 Uhr

Bevor man Skateboard fahrende Kater und ein gar nicht so böses Rumpelstilzchen vor sich sieht oder leicht derangierte sieben Zwerge, fällt der Blick auf drei weiße Haarschöpfe. Ist dieses schräge Trio, das eben im Maßbacher Theater im Pferdestall (TiP) seinen großen Premierenauftritt in Berlin generalprobt, die Wiederauferstehung einer Kultband aus den 1970ern? Kommt ja gelegentlich vor im Business. Drei nicht mehr ganz so junge Herren bevölkern die kleine Jugendbühne des Maßbacher Theaters – der jüngste 62, der älteste fast 79.

Einer spielt virtuos Block- und Querflöte, Saxofon und Keyboards, der zweite fingerpickt auf seiner Gitarre die schönsten Melodienfolgen, wenn er nicht gerade auf seine Schlitztrommel klopft, und der Dritte sitzt in der Mitte und liest entspannt eigene Märchen vor. Die drei nennen sich tatsächlich „Das schiefe Märchen-Trio“ und werden in den nächsten Monaten mit ihrem Programm – eine Version für Kinder, eine für Erwachsene – hie und da in der Republik auftreten. An diesem Donnerstag vor 500 meist jungen Zuschauern im Berliner Schlossparktheater.

Wie es aussieht, betreibt das Trio auf Zeit seine Profession gemächlich, aber voller Lust und Laune. Paul Maar und die Musiker, Komponisten, Bandleader, Produzenten und Arrangeure Wolfgang Stute (Gitarre, Percussions) und Konrad Haas (Querflöte, Blockflöte, Keyboards) aus Hannover haben sich zusammengefunden, um Geschichten und Gedichte aus Maars neuestem Kinderbuch, „Schiefe Märchen und schräge Geschichten“ (Oetinger-Verlag) auf ungewöhnlich familiäre Weise in Töne umzusetzen.

Im hastigen Kulturgewerbe hierzulande sind solcherart musikalische Lesungen gar nicht mehr so selbstverständlich und fühlen sich fast an wie eine neue Entdeckung der Langsamkeit. Die zwei Musiker sitzen da, singen und musizieren im schwerelosen Dialog der Instrumente, leicht irisch folkloristisch, leicht improvisierend, leicht jazzig und leicht ironisch. Paul Maar liest und erzählt aus seinem Märchenbuch, dass es eine wahre Freude ist, dem Trio zuzuhören.

Als würde man in der guten alten Stube sitzen, Großväterchens Worten lauschen und dabei erstaunt feststellen, dass die Erzählungen zwar freundlich, aber alles andere als großväterlich sind: überraschend, spannend, pfiffig, manchmal skurril und mit der augenzwinkernden Maar'schen Fantasie in die Welt gesetzt, die den Blick hinter die Fassaden des Selbstverständlichen öffnet.

Was die Zwerge wirklich sagten

Und siehe da: Wer bisher glaubte, die alten Geschichten aus der Märchenkiste auf dem Dachboden erzählten nichts als die Wahrheit, wird sich die Augen reiben, wenn sie Paul Maar etwas anders erzählt. Man wird manches Märchen etwas skeptischer sehen als vorher. Man wird die Dinge des täglichen Gebrauchs staunender betrachten. Man wird mit seinem Kater ernsthafte Gespräche führen und wird einem ausrangierten, vierbeinigem Kohleöfchen zuhören, das davon träumt, in einem richtigen Kinosaal zu sitzen und einen herzergreifenden Film zu gucken. Man wird, ohne mit der Wimper zu zucken, der Karriere des Katers Adelbert glauben, aus dem nicht nur ein gestiefelter Kater, sondern auch noch ein gestiefelter Skater wurde.

Und man wird von drei der sieben Zwerge (nach einem Glas Rotwein) erfahren, was diese wirklich gesagt haben, damals als Schneewittchen in ihrem Bettchen lag. Dabei liegt alles so nahe – fast zu nahe, um es sofort wahrzunehmen: Die Erkenntnis, dass zwischen den Zeilen von althergebrachten Geschichten und hinter den Fassaden vertrauter Dinge vielleicht noch eine andere Wahrheit schlummert als die, die wir kennen.

Und so kann sich bei dieser etwas anderen Lesung jeder auf seine Weise amüsieren: das Kind in der Blüte seiner jungen Jahre und das Kind im Manne/Weibe. Ja selbst die, die das Kind in sich verloren haben, werden manchmal schmunzeln oder sich zumindest an den musikalischen Zwischentönen entzücken.

Und schließlich dürften sich auch die drei weißhaarigen Künstler über den Tag hinaus über gute Quoten freuen, dann nämlich, wenn sie aus ihrem Programm ein singendes-klingendes Hörbuch machen, wie einst Kater Adelbert, der – so erzählt man sich - eine CD produzierte, die sich über 45 000 Mal verkaufte und mit dem Titelsong „Skater-Kater“ immerhin Platz 2 der Charts erklomm.

„Das Schiefe Märchen-Trio“ gastiert am 17. November, 19.30 Uhr mit seinem Programm für Erwachsene in der Rathausdiele Schweinfurt. Vorverkauf: Tel. (0 97 21) 2 27 63.

 
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