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WÜRZBURG
Wenn die Protestantin Päpstin werden will
Henning Venske       -  Diva mit bezwingender Bühnenpräsenz: Silvia Kirchhof. Am Flügel Achim Hofmann.
Foto: Daniel Peter | Diva mit bezwingender Bühnenpräsenz: Silvia Kirchhof. Am Flügel Achim Hofmann.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:24 Uhr

Wenn eine Frau und (auch das noch) Protestantin in einem katholischen Bildungshaus singt, sie wolle Päpstin werden, darf das ruhig als ungewöhnlich gelten. Wenn sie dafür dann auch noch von einem veritablen Domkapitular einen Strauß roter Rosen und eine herzhafte Umarmung bekommt, könnte schon das ein oder andere Vorurteil ins Wanken geraten.

Das katholische Bildungshaus ist das Burkardushaus, in dem die Domschule untergebracht ist, die Akademie der Diözese. Diese verfügt mit dem frisch sanierten Kardinal-Döpfner-Saal, einem nagelneuen Steinway-Flügel, vor allem aber mit einem diskurswilligen Planungsteam über die Voraussetzungen, um eine Konzertreihe ein wenig abseits des Gewohnten anzubieten.

Bedingung an die Musiker: Sie müssen den Flügel einsetzen und sich inhaltlich mit einem Thema auseinandersetzen. Die Reihe unter dem Titel „Flügelschläge“ hat am Samstag vor vollem Haus das Gerolzhöfer Duo Café Sehnsucht mit seinem ersten Chansonprogramm aus Eigenkompositionen eröffnet: „Kirchhof singt Hofmann“.

Silvia Kirchhof und Achim Hofmann interpretieren seit gut 15 Jahren Chansons von Zarah Leander, Marlene Dietrich, Friedrich Hollaender, Otto Reutter, Claire Waldoff, Georg Kreisler, Hildegard Knef oder Helen Vita, und diese tiefe Vertrautheit mit der Gattung spürt man.

Achim Hofmann bewegt sich trittsicher im schmalen Grenzgebiet von Spaß und Satire. Seine Chansons leben von unangestrengter Verspieltheit, scheinheiligem Spott, originellem Wortwitz zwischen Nonsens („Der Gecko klebt an der Deko“) und Scharfsinn („Sag, ich bin Wulff, dann darf ich das, es ist zwar nicht schön, aber legal“), ziemlich viel Poesie und nicht zuletzt von der knackigen, komplexen Klavierbegleitung zwischen Jazz, Latino-Elementen und hin und wieder einer Prise Blues.

Silvia Kirchhof gibt mit hypnotisch dunklem Alt und bezwingender Präsenz die kapriziöse Bühnendiva, die verspricht, als Päpstin den Kardinälen alle Sünden zu vergeben (auch wenn das eine Menge Arbeit wird), und die sogar aus einem Texthänger ein Ereignis machen kann.

Es gibt Lebensberatung für notorisch Unentschlossene („Denk an die Raute“), Aufmunterung für Übergewichtige („Was wären denn wir tollen Frauen / ohne Kalorien gäb's uns nicht zu schauen“) und Sprachkunde in Sachen Liebeslyrik („Bad Staffelstee wird romantisch für uns zwee“).

Ganz zum Schluss entlarven sie schnell noch hochkomisch die Machart volkstümlichen Liedguts: eine simple Begleitfigur und die beliebig kombinierbaren Begriffe „Alpenglühen“, „Du“, „schön“, „Heimat“ und „Rosenblühen“, mehr braucht es nicht. Bildungsauftrag erfüllt.

Die nächsten Konzerte: Café Sehnsucht am 26. Januar, 19.30 Uhr, in der Disharmonie in Schweinfurt. Reihe „Flügelschläge“: Studierende der Musikhochschule spielen Kammermusik unter dem Titel „Lieben Sie Brahms?“, Mittwoch, 7. Dezember, 19.30 Uhr, Burkardushaus.

 
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