Der schräge "Orpheus in der Unterwelt", bei dem sie in der vorigen Spielzeit die Eurydike darstellte, habe richtig Spaß gemacht. Jetzt bereitet sie sich auf die Rolle der Franziska Cagliari in "Wiener Blut" vor. Premiere der Johann-Strauß-Operette ist am 11. November.
Ob komisch oder tragisch - wichtig ist für Silke Evers eines: Sie will singen. "Singen ist das Schönste, was es gibt", sagt sie. "Es ist mein Lebensinhalt." Als junges Mädchen lernte sie Cello zu spielen, sang aber schon hobbymäßig. Singen als Beruf? Da habe sie zunächst nicht daran gedacht. Auch, weil sie nicht sicher war, ob sie die Aufnahmeprüfung an einer Hochschule schaffen würde.
Also studierte sie Pharmazie; zwei Semester (nebenbei sang sie hobbymäßig). Dann sattelte sie um auf Germanistik und Musikwissenschaft; fünf Semester (nebenbei sang sie hobbymäßig). Dann sang sie doch irgendwann mal vor. Kein Geringerer als Hans Sotin nahm sie als Schülerin.
Bei dem Bassisten, der an der New Yorker Met, der Wiener Staatsoper und in Bayreuth die großen Partien singt, studierte Silke Evers vier Semester lang (sie hätte weiter hobbymäßig gesungen, hätte es mit dem Gesangsstudium nicht geklappt). Weitere Lehrer folgten. Die Eltern waren nicht begeistert, die Mutter noch weniger als der Vater. "Die mochte Oper nicht", erinnert sich Silke Evers. Sie musste zum Üben aus dem Haus. Die junge Frau grinst: "War für mich damals auch eine gute Gelegenheit, aus dem Elternhaus raus zu kommen."
Die Probleme auf der Bühne
Dann kamen Gastverträge. Die frisch gebackene Berufssängerin gab Liederabende, sang Konzerte, widmete sich mit dem Spezialisten-Ensemble Concerto Köln der Barockmusik. Ihr erstes festes Engagement ging sie 2003 am Würzburger Mainfranken Theater ein. Liederabende und Konzerte gibt sie weiterhin, sie hat jetzt auch eine Lieder-CD aufgenommen. Die Arbeit auf der Bühne begann sie erst nach und nach zu schätzen, obwohl sie selbstkritisch urteilt: "Ich war nie die große Schauspielerin." Ihr Publikum sieht das womöglich anders . . .
Anders als bei einem Konzert kann sie auf der Opernbühne nicht immer optimal stehen. Da müssen Töne auch mal gut klingen, während sie auf dem Rücken liegt oder das Gesicht vom Publikum abwendet. "Man wundert sich, was alles geht", erzählt sie von ihren Erfahrungen. Wenn's zu schwierig werde, ließen Regisseure meist mit sich verhandeln. Silke Evers sitzt im Theatercafé vor ihrem Cappuccino und spielt, mit komisch übersteigerter Mimik und Gestik, eine fiktive Szene zwischen Sängerin und Regisseur nach: "Vielleicht kann ich den Sprung vom Drei-Meter-Brett erst nach dem hohen Ton machen?"
Die Pamina aus Mozarts "Zauberflöte" würde sie gerne mal singen. Und: die Violetta. Aber die Hauptfigur aus Verdis "La Traviata" sei ein unrealistischer Traum, meint sie. Sie gilt schauspielerisch und musikalisch als eine der schwersten Partien. Mag der Staatspreis (dotiert mit 5000 Euro) auch nicht die erste Auszeichnung sein, die Silke Evers erhält, mag sie von der Fachzeitschrift "Opernwelt" als beste Nachwuchssängerin 2005 nominiert gewesen sein: Es scheint einer ihrer Wesenszüge zu sein, sich lieber eine Nummer kleiner einzuschätzen.