
Nicht nur geschmunzelt, sondern lauthals gelacht hätte der ehrwürdige Sophokles angesichts dieser Aufbereitung seiner Tragödie „König Ödipus“. Bodo Wartke enthebt den dramatischen antiken Stoff mit komödiantischer Leichtigkeit und behutsamer Frechheit seiner düsteren Schwere. Seine Interpretation des Titelhelden und 13 anderer Akteure wird im ausverkauften Würzburger Mainfranken Theater am Ende minutenlang bejubelt.
Wartke, im hellbeigen Anzug und Baseballkappe, führt mit leichtem Anschlag am Flügel und stimmigem Gesang in die ebenso spannende wie grausame Story ein. Doch schon im ersten Dialog vermeidet der 34-jährige Schauspieler jeden Anflug von Tragik: Pythia, in höllisches Licht getaucht, verharrt im angedeuteten Lotussitz auf dem imaginären Dreifuß und zeigt rechts und links den Stinkefinger. Dem leicht verwirrten König Laios gibt sie unpräzise und gelangweilt eine Lebens- und Zeugungsberatung.
Die Szenen wechseln ebenso rasant wie der Sitz der Kappe und somit die Rollen, in die Wartke in Sekundenschnelle schlüpft. Man entschließt sich im Königshaus zur „postnatalen Abtreibung“, sprich Aussetzung des gefährlichen Säuglings im Gebirge. Doch zwei Hirten pfuschen dem Schicksal ins Laufwerk. Die Komik deren Begegnung liegt wie an vielen anderen Stellen des Stückes in der prägnanten Kürze und dem pfiffigen Reim des hin- und herspringenden Gesprächs. Wenn dann die Kappe zum Säugling mutiert, begleitet tosendes Gelächter den Abgang nach Korinth.
Ödipus ist zum coolen Youngster herangereift. Mit flotten Sprüchen und schlaksigen Bewegungen rappt er sich zum „Apollotest“ von Delphi zu Pythia (wie oben!). Ein leicht schielender Löwe vertritt die Sphinx. Wer? „Sphinx, wie Pfingsten, nur mit S!“ stellt sich die drollige Handpuppe dem begriffsstutzigen Ödipus vor. Kein Telefonjoker erleichtert das Rätsel um Königswürde oder Tod. „Mensch!“; entfährt es dem verzweifelnden Probanden. Gewonnen!
Wartkes Solo strotzt vor hinreißend komischen Ideen. Zur „krass grassierenden Pest“ zückt er die Mundharmonika und spielt das „Lied vom Tod“. Das Publikum wiegelt er zum Chorgesang auf, mächtig schallt ihm der Text entgegen: „Ödipus!“ Glänzend gestaltet Wartke die Figur des blinden Sehers Teiresias. Mit verzogenen Schultern und unsicherem Schleichgang schiebt er sich auf die Bühne. Dem unglücklichen, geblendeten Ödipus wird er am Ende ein wohlmeinender Kumpel: „Lass uns nach Athen gehen, Die Akropolis musst du sehen!“