„Am Tag des Weltuntergangs in Würzburg spielen – wobei Würzburg ja irgendwie selber der Weltuntergang ist!“ Gleich zu Beginn seiner Show im CCW ist Serdar Somuncu nicht eben nett zum Publikum. Das reagiert trotzdem mit Applaus. Die meisten der rund 1000 größtenteils jungen Zuhörer wissen, was auf sie bei „H2 Universe – Die Machtergreifung“ zukommt. Schließlich tritt der 48-jährige Deutsch-Türke nicht ohne Grund als „Hassias“ auf und predigt seine Religion, den „Hassismus“.
„Jede Minderheit hat ein Recht auf Diskriminierung“ lautet das Credo. Minderheiten gehen Somuncu, der bald als Kanzlerkandidat für Martin Sonneborns „Die Partei“ antritt, auf die Nerven: Veganer, Türken, Nazis – auch Franken. Schon allein dieses „A weng“ – was das bitte sein sollte? Wenn´s die Abkürzung von „wenig“ wäre, warum gibt´s dann vorne noch ein A dazu? Lokal kennt sich der Comedian gut aus, sinniert über das dröge Volkach und begrüßt Gäste aus Kitzingen persönlich. Dazu sowieso: Vulgärsprache. „Das erwarten die Leute von mir, ich hab' Intellektuelle und Idioten im Publikum, letztere brauchen das, sonst pennen die ein!“.
Angst vor allem, was fremd ist
Aber mit ausführlichen Träumen vom Intimbereich der Kanzlerin oder anschaulichen Beschreibungen der eigenen Exkremente ist es bei Somuncu nicht getan. Vor allem zeigt er Haltung – nicht nur in der ZDF-„heute-show“, zu deren Ensemble er gehört, in seiner Talkrunde beim Nachrichtensender n-tv oder der Radioshow „Die Blaue Stunde“, die meist auf Platz Eins der Podcast-Charts rangiert. Und in Wahrheit ist Hassias ein feinsinniger Intellektueller, studierter Musiker, Schauspieler, Regisseur, Schriftsteller und scharfer Analyst. Unreflektierter Konsum, künstlich geschürte Massenpaniken und die allgegenwärtige Angst vor allem, was fremd ist, grade vor den „Sozialschmarotzern“, den Flüchtlingen, das sind seine Themen.
Rassismus: Eine Marktlücke im „von Hippies regierten Deutschland“
„Sind nicht vielmehr wir Sozialschmarotzer, die wir in die Länder dieser Menschen reisen und sie dort ungeniert für unseren Wohlstand ausbeuten?“ Rassismus sei eine Marktlücke im „von Hippies regierten Deutschland“. Die Populisten, allen voran Frauke Petry und ihre AfD, hätten das erkannt. Und Religion, das sei ohnehin „nichts anderes als ein Regelwerk für Assis. Denn wer sich benehmen kann, braucht kein Regelbuch, also auch keinen Gott, der ihm sagt, was er tun soll.“
Im zweiten Teil der Show wird noch mehr abgearbeitet, was nervt: Hipster, Ikea, Mülltrennung, Kinder, Karneval, Sex – aber am Ende wird Somuncu ganz still. Und bevor er am Piano noch ein souliges „If I ain't got you“ haucht, gibt es die streng geheime Essenz des Hassismus mit auf den Weg: Die Lösung ist die Liebe. Sie honoriert das Publikum nach zweieinhalb Stunden mit Standing Ovations.