Viele halten ihn für den besten Interviewer, den das deutsche Fernsehen derzeit zu bieten hat: TV-Moderator und Radiojournalist Jörg Thadeusz, der im RBB-Fernsehen populäre Sendungen wie „Thadeusz“ präsentiert. Jetzt darf der 44-Jährige im Zweiten ran: Während das Team der „heute-show“ um Oliver Welke in der Sommerpause ist, moderiert Thadeusz auf dem Sendeplatz der Spaßvögel ab Freitag, 14. Juni, den heiteren Wochenrückblick „durchgedreht!“ (22.30 Uhr, ZDF). In der neuen Improvisationsshow inszenieren Comedians wie Bernhard Hoëcker und Max Giermann aus dem Stegreif möglichst witzige Szenen rund um die jeweiligen Themen der Woche. Jörg Thadeusz kam 1968 in Dortmund zur Welt und jobbte vor seiner journalistischen Karriere unter anderem als Liegewagenschaffner und Rettungssanitäter. 1999 wurde er als Außenreporter der WDR-Sendung „Zimmer frei“ einem größeren Publikum bekannt und erhielt den renommierten Grimme-Preis. Der 44-Jährige, der bereits mehrere Romane veröffentlicht hat, ist mit einer Berufskollegin verheiratet und lebt in Berlin.
Jörg Thadeusz: Der Titel bezieht sich zum einen darauf, dass sich unsere Bühne permanent dreht und vier verschiedene Bühnenbilder bietet. Zum anderen bezieht er sich auf den kontrollierten Irrsinn, wenn unsere Improvisationskomiker Szenen spielen, die sich mit dem Zeitgeschehen der Woche beschäftigen.
Thadeusz: Ich weiß, das werden die Zuschauer wieder nicht glauben, die glauben ja immer, dass im Fernsehen gelogen und betrogen wird. Das ist auch nicht generell falsch, aber bei uns wissen die Komiker vorher wirklich nicht, was sie tun müssen. Sie müssen sich natürlich vor der Sendung über das Tagesgeschehen auf dem Laufenden halten, aber das machen die eh. Es ist verblüffend, wie umfassend und detailreich unsere Komiker gebildet sind.
Thadeusz: Total! Aber während ich schon ganz schnell entgleisen würde, kriegen unsere Komiker immer noch irgendwie die Kurve.
Thadeusz: Ich meckere wie die beiden Alten aus der „Muppetshow“ und führe gleichzeitig wie Frosch Kermit durch die Show. Ich gebe also die Anweisungen, etwa: „Spielt den Ärger um die Euro-Drohne als Operette“ oder „Versetzt den 150. Geburtstag der SPD ins Reich der Insekten“ – und ich maule, wenn mir das Ergebnis nicht gefällt.
Thadeusz: Nein, ich steuere zwar Ideen bei, aber wir haben Autoren im Boot, um so vielfältig zu sein, wie es die „heute-show“ ist, also eine Wundertüte. Wir können ja nicht in der Sommerpause auf dem Sendeplatz der „heute-show“ laufen und uns dann einen schönen schlanken Fuß machen, das geht nicht.
Thadeusz: Mal gucken, wir wollen den Leuten ja auch nicht auf die Nerven fallen. Falls es diesen Sommer wieder einen zähen parteipolitischen Streit mit lauter Kleinkram gibt, werden wir uns nicht drei Wochen nacheinander damit aufhalten.
Thadeusz: Ganz ehrlich, ich habe null Verständnis für Politikverdrossenheit. Das ist hier eine Demokratie, die lebt davon, dass sich Demokraten daran beteiligen, und wer das nicht tut, ist einfach nur faul. Jeder kann entscheiden, ob er für die CDU, die SPD, die Piraten oder sonst jemanden ist, und ich sage immer: Wem diese Freiheit nicht passt, der soll sich doch ein Visum für Nordkorea beschaffen. Ich werde mir bestimmt nicht die Mühe geben, diese Leute zu pädagogisieren.
Thadeusz: Es ist durchaus möglich, dass wir ein tagesaktuelles Thema im Stil von Heidi Klums Herrenmenschen-TV behandeln. Wenn Heidi Klum in ihrer ganzen Unbedarftheit da steht und sich so herrisch gibt, hat das ja ein ungeheures komisches Potenzial.
Thadeusz: Nein, was mir am meisten auf die Nerven geht, ist das Frühstücksfernsehen mit seiner altklugen und lebensfernen Art, wo mir die Moderatoren bereits morgens um 7 Uhr mit dem Thema Darmkrebs zu nahetreten. Aber das hat sich Olli Dittrich ja schon vorgeknöpft, dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Thadeusz: Nein, beim RBB geht es mir blendend. Wenn das ZDF mir anbieten würde, jeden Tag eine Interviewsendung zu führen, würde ich natürlich zusagen. Aber die haben ja Markus Lanz, der ist tausendmal schöner als ich, also soll der das ruhig machen. Ich bin allerdings neidisch auf ihn, weil er Gäste hat, die nicht in meine RBB-Show kommen – neulich hatte er Amanda Knox, das böse Mädchen aus Amerika, und den Dalai Lama hat er auch schon getroffen.
Thadeusz: Ich hatte ehrlich gesagt erwartet, dass mir der komplette Lerchenberg auf den Kopf fällt, dass die sich nur ganz schwer bewegen können, im Gegenteil: Es ist eine angenehme Sause mit netten Leuten. Ich warte immer noch darauf, wann es denn endlich schlimm wird (lacht).
Thadeusz: Eigentlich nicht. Als Moderator will man, dass die Leute hellwach sind. Als Liegewagenbetreuer ist man daran interessiert, dass die Leute schlafen, denn dann haben sie keine Wünsche mehr – man muss keine Getränke bringen, keine Kissen mehr aufschütteln. Und klimatisiert ist das Studio auch, das war der Liegewagen nicht.