Lassen sich die Ideen von Volker Rodekamp, dem Präsidenten des Deutschen Museumsbundes (siehe oben), im Alltag vor Ort umsetzen? Wir fragten bei den drei großen unterfränkischen Museen nach.
Mainfränkisches Museum Würzburg: Für Sonderausstellungen hat man in der Würzburger Festung jährlich rund 60 000 Euro. Der Betrag kann – wie jetzt, im Jahr des 100-jährigen Bestehens – durch Einwerben von Drittmitteln aufgestockt werden. Das Problem von Museumsleiterin Dr. Claudia Lichte ist die zu geringe Fläche für Wechselausstellungen – es seien gerade mal 85 Quadratmeter. Für große Sonderschauen, die Publikum anlocken, muss die Dauerausstellung teilweise geräumt werden.
Neue Exponate machen neugierig. Auch sie können Besucher bringen. Einen Etat, um neue Werke anzukaufen, hat das Museum aber nicht. Allerdings verfüge man, so Lichte, über einen spendenfinanzierten „Sparstrumpf“, mit dessen Hilfe „kleinere wichtige Ankäufe gelingen“. Kunst- und Kulturstiftungen helfen bei großen Ankäufen. Und manchmal brauche „ein Museum auch wirkliche Gönner und Glück: 2007 gelang der Erwerb eines Alabasterreliefs aus der Riemenschneider-Werkstatt nur, weil das Museum von einem kinderlosen Ehepaar ein Reihenhäuschen geerbt hatte. Aus dem Verkaufserlös konnte das Relief gekauft werden“.
Neue Medien sieht Lichte auch als Mittel, „Museumsbestände der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen“. Man arbeitet in der Festung an einem Online-Katalog. Die Sammlung Würzburger Münzen sei bereits online, „weitere Kataloge sind in Arbeit“. In der Dauerausstellung bieten digitale Medien Zusatzinformationen. Für die Kinder gibt es ein eigenes Informationsangebot. Schwellenängste versucht das Museum etwa durch ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm und Führungen für unterschiedliche Besuchergruppen abzubauen.
Museum im Kulturspeicher Würzburg: Wechselausstellungen, sagt Dr. Marlene Lauter, seien wichtig, um Besucher zum Immer-wieder-Kommen anzuregen. Dabei würde auch die Dauerausstellung in neuem Licht wahrgenommen. Auch das Museum am Alten Hafen muss den Etat für Sonderausstellungen durch Einwerben von Drittmitteln aufstocken. Problem des Museums: Das Geld reiche nicht, um adäquat Werbung für Wechselausstellungen zu machen. Einen Etat zum Ankauf von neuen Werken habe der Kulturspeicher „seit mehreren Jahren nicht mehr“. Das Museum hält seinen Internetauftritt aktuell, ist auf Facebook vertreten. „Das gehört heute dazu“, findet Lauter. Für die ständigen Sammlungen gibt es einen Audioguide, der noch erweitern werden soll. Auch eine Tablet-Führung mit Musik wird angeboten. „Aber am wichtigsten ist immer noch ein attraktives Haus, das seine Besucher freundlich empfängt und Vermittlungsarbeit auch von Person zu Personen anbietet, also in Form von Führungen, Ausstellungsgesprächen et cetera“, sagt Lauter.
Das helfe auch beim Abbau von Schwellenangst. Es gehe um unkomplizierten Umgang mit Kunst. Dabei helfen Begleitveranstaltungen, Konzerte, Performances. Lauter: „Zusätzliche Aktionen wie ,Lange Kulturspeichernacht‘, ,Lange Museumsnacht‘ sind inhaltlich pfiffige, aber niederschwellige Angebote, die Menschen neugierig machen und auch solche ins Haus ziehen, die unsere Ausstellungen bisher nicht kennen.“ Zudem vernetze man sich mit anderen Kulturanbietern.
Museum Georg Schäfer Schweinfurt: „Für 80 000 Euro Ausstellungsetat realisiert das Museum mit einem Miniatur-Produktivpersonal ein kontinuierliches Jahresprogramm aus Sonderpräsentationen, Konzerten und Nebenveranstaltungen“, erklärt Dr. Sigrid Bertuleit. „Dieses Input-Output-Verhältnis gibt es in der ganzen Bundesrepublik kein zweites Mal – angesichts der Größe des Hauses und der Sammlung.“
Das englische Modell des freien Eintritts für alle „hätten wir auch gern“, so die Museumsleiterin. Am letzten Tag der Ausstellung mit Werken des Malers Heinrich von Zügel seien dank des kostenlosen Eintritts über 800 Besucher gekommen: „Von Schwellenangst ist dann keine Rede.“ Eine zusätzliche mediale Aufrüstung biete neue Chancen der Erreichbarkeit von Zielgruppen.
Um Museen zu stärken, müsse man außerhalb ansetzten, glaubt Bertuleit: „Seit Jahren wird der Fehler gemacht, ein Museum hauptsächlich unter dem Blickwinkel der Freizeitphase und der Besucherzahl zu betrachten, statt es als Hort des Gedächtnisses, als Lebens-, Bildungs- und Erholungsraum mit zu begreifen. Würden Lehrer, Eltern, Auszubildende, Studenten samt Berufstätige mehr Freiheit und Freiräume erhalten – zum Beispiel: entschlackte Lehrpläne –, wäre erst die Voraussetzung gegeben, Kultur wieder breit in den Alltag zu bringen.“