Dass Zukunftsängste angesichts der vielschichtigen Katastrophen und gesellschaftlichen Umbrüche auch die Theaterleute zwingen, sich mehr denn je den Fragen der Zeit zu stellen – wer könnte daran zweifeln?
Ansgar Haag, Intendant des Meininger Staatstheaters, beruft sich bei der Vorstellung seiner 15. Spielzeit 2019/2020 weiterhin auf das Motto des Theaterherzogs Georg II. als motivierendes Prinzip der Einmischung in die Geschehnisse: „Dem Volke zur Freude und Erhebung“. Vermutlich mit mehr Gewicht auf „Erhebung“ als aufklärerischem Element und „Freude“ als Beschleuniger von Erkenntnissen.
Die Kooperation mit anderen Häusern gewinnt für Haag an Bedeutung. So wird die Ulmer Produktion von Richard Wagners „Der fliegende Holländer“ nach Meiningen kommen und das selten gespielte Puccini-Werk „La Rondine“ gemeinsam mit der polnischen Oper Bytom/Katowice produziert. Außerdem entdecken die Meininger die Beziehung Georgs II. zu Norwegen und vor allem zu Henrik Ibsen wieder, dessen damals skandalöse „Gespenster“ 1886 in Anwesenheit des Autors in Meiningen seine deutsche Erstaufführung hatte.
Die "Norwegische Woche"
Es gibt also eine „Norwegische Woche“ vom 22. bis 30. Mai 2020. Dazu haben die Meininger den norwegischen Komponisten Torstein Aagaard-Nilsen beauftragt eine Oper nach Ibsens „Gespenster“ zu komponieren. In diesem Zusammenhang kommt es auch zu einer Neuinszenierung des Dramas. Zudem steht Ibsens Schauspiel „John Gabriel Borkman“ bereits am Anfang der Saison auf dem Spielplan.
Im Bereich der leichteren Muse dürften Dale Wassermans/Mitch Leighs Musical „Der Mann von La Mancha“ und Paul Abrahams Operette „Märchen im Grand Hotel“ für großes Publikumsinteresse sorgen und Leonard Evers „Gold!“, ein Musiktheater für Menschen ab fünf, nach dem Märchen „Der Fischer und seine Frau“.
Ein Höhepunkt im Tanztheater ist sicherlich Andris Plucis' Ballett „Petruschka/Bolero“ mit Musik von Strawinsky und Ravel. Und das Konzertprogramm würdigt im Beethovenjahr– 2020 wird der 250. Geburtstag des Komponisten gefeiert – das Werk des Meisters, pflegt aber zugleich auch die zeitgenössische Musik.
Im Zentrum der Puppentheatersaison steht Prokofiews Märchen „Peter und der Wolf“. Das Junge Theater bringt unter anderem Franz Kafkas „Die Verwandlung“ und Morton Rhues „Die Welle“ auf die Bühne und die Bürgerbühne wagt sich an den „Volkhaus Blues“, eine Inszenierung zu den Verhältnissen in der Nachwendezeit.
In der Abteilung „Freude“ dürften vor allem der Bühnenball am 31. Januar und 1. Februar, die Konzerte im Dampflokwerk am 18. und 19. Juli 2020 und die weiter groovenden „Blues Brothers“ (ab 18. Oktober) sorgen.
Die wichtigsten Premieren im Großen Haus:
Ibsen, „John Gabriel Borkman“ (13.9.). Dale Wasserman/Mitch Leigh, „Der Mann von La Mancha“ (11.10.). Puccini, „La Rondine“ (29.11.). Strawinsky/Ravel „Petruschka/Bolero“ (13.12.). Abraham, „Märchen im Grand-Hotel“ (24.1.). Williams, „Süßer Vogel Jugend“ (28.2.). Wagner, „Der fliegende Holländer“ (27.3.). Sternheim, „Die Kassette“ (24.4.). Aagaard-Nilsen, „Gespenster“ (22.5.). Dürrenmatt, „Der Besuch der alten Dame“ (19.6.).
Die wichtigsten Premieren in den Kammerspielen:
Toller, „Hinkemann“ (3.10). Barlow, „Der Messias“ (5.12.). Berthiaume, „Nyotaimori“ (20.2.). Evers, „Gold!“ (8.3.). „Volkshaus Blues“ (14.5.) Brandon Thomas, „Charleys Tante“. Rhue, „Die Welle“ (30.6.)