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Warum Wolf von Lojewski sich als Dinosaurier fühlt
Wolf von Lojewski: „Wegen der Nachrichten schalte ich bestimmt keinen Privatsender an.“
Foto: dpa | Wolf von Lojewski: „Wegen der Nachrichten schalte ich bestimmt keinen Privatsender an.“
Das Gespräch führte Cornelia Wystrichowski
 |  aktualisiert: 02.07.2012 08:53 Uhr

Im Plauderton durchs Weltgeschehen: Als Korrespondent und Nachrichtensprecher konnte Wolf von Lojewski selbst komplexe Zusammenhänge leicht verständlich vermitteln. Jetzt wird der von Kollegen gerne „Lojo“ genannte Fernsehjournalist 75 Jahre alt.

Wolf von Lojewski wurde am 4. Juli 1937 in Berlin geboren, wuchs im ostpreußischen Masuren, nach dem Krieg in Kiel auf. Er studierte Jura, machte ein Volontariat bei den „Kieler Nachrichten“. Anschließend ging er zum Fernsehen und machte rasch Karriere – er war Korrespondent in London und in Washington, moderierte die ARD-„Tagesthemen“ und wurde vor allem als Chef des „heute-journal“ im ZDF enorm populär. Anfang 2003 ging Wolf von Lojewski, der mit seiner Frau bei Wiesbaden lebt, als Nachrichtensprecher in den Ruhestand. Vorübergehend moderierte er danach im ZDF das Magazin „Abenteuer Wissen“ und drehte Reisereportagen. Ein Gespräch über die Witze von Ronald Reagan und die Nachrichten von heute.

Frage: Am Mittwoch feiern Sie Ihren 75. Geburtstag. Wie verbringen Sie den Tag?

Wolf von Lojewski: In meinem Alter ist der Geburtstag kein Datum mehr, dem man entgegenfiebert. Voriges Jahr bin ich mit meiner Frau nach London abgehauen. Dieses Jahr werde ich mir Freunde einladen, und wenn das Wetter mitmacht, feiern wir alle zusammen im Garten an einem langen Tisch.

Vor knapp zehn Jahren sind Sie in den Ruhestand gegangen. Haben Sie manchmal noch Heimweh nach dem Nachrichtenstudio?

von Lojewski: Nein, eigentlich nicht. Ich habe nicht das Bedürfnis, ich müsste abends auf dem Fernsehschirm den Zustand der Welt erklären. Dass ich fürs ZDF aber zwischendurch die Sendung „Abenteuer Wissen“ moderieren und für Reportagen lange Reisen machen durfte, fand ich sehr angenehm. Im Augenblick ist keine dieser großen Reisereportagen in Planung, vielleicht kommt ja mal wieder was. Das ist der Vorteil des Ruhestandes: Ich kann mir die Themen aussuchen, die mir Spaß machen.

Sie haben die „Tagesthemen“ und später das „heute-journal“ moderiert. Welche Nachrichten sehen Sie gerne?

von Lojewski: „Tagesthemen“ und „heute-journal“ schaue ich gerne und regelmäßig, ansonsten sehe ich ehrlich gesagt zu viele Krimis. Dabei interessiert es mich letztlich doch gar nicht, wer der Mörder ist. Neulich liefen im ZDF drei Freitagskrimis am Stück, da hätte ich zu meiner Zeit herumgemäkelt, weil sich dadurch natürlich das „heute-journal“ nach hinten verschiebt. Eigentlich ist es doch gerade das Gute an ARD und ZDF, dass man sich auf die regelmäßigen Nachrichten verlassen kann.

Wie haben sich die großen Nachrichten der Öffentlich-Rechtlichen in den vergangenen Jahren verändert?

von Lojewski: Die großen Nachrichtensendungen von ARD und ZDF haben sich kaum verändert, die sind sehr gut. Aber auch da wird mindestens zweimal pro Sendung darauf hingewiesen, dass man unter heute.de oder tagesschau.de alles noch viel genauer erfahren kann. Da war ich einer der letzten Dinosaurier, die das hartnäckig verweigert haben, weil ich gesagt habe: Die Menschen schauen doch jetzt mir zu, was soll ich die ins Internet verscheuchen?

Heute sind Fernsehjournalismus und Internet schon fast untrennbar miteinander verzahnt . . .

von Lojewski: Ich glaube, dass der Beruf durch das Internet und die Verknüpfung mit den sozialen Netzwerken schwieriger wird. Was mir für die Zukunft ein klein wenig Sorge macht: Journalismus wird heute mehr und mehr eine Sache, bei der jeder mitmacht. Das ist im Prinzip gut, und die Technik ist nicht mehr zurückzudrehen. Aber die Schwärme im Internet können bei jedem Konflikt in Bruchteilen von Sekunden ihr Urteil fällen: Wer sind die Guten und wer die Bösen; mag ich, mag ich nicht . . . Wir Journalisten geraten da leicht in die Gefahr, nicht mehr nachzurecherchieren, sondern nur noch hinterherzulaufen.

Sehen Sie eigentlich auch die Nachrichten der Privaten?

von Lojewski: Also wegen der Nachrichten schalte ich bestimmt keinen Privatsender an. Mein Lieblingsprivatsender ist Eurosport, da läuft Snooker, das ist eine Billard- variante – diese Leidenschaft habe ich mir in meiner Zeit als Korrespondent in London angewöhnt.

Haben Sie einen Snookertisch daheim?

von Lojewski: Nein, der wäre zu groß. Aber im Studio London hatten wir einen, und als ich nach Washington kam und mir Fritz Pleitgen das Studio zeigte, gab es da einen Raum mit einem Poolbillardtisch. Pleitgen sagte zu mir, aus dem Zimmer könnte man vielleicht ein Archiv machen, aber ich ließ das natürlich so wie es war. Immer wenn der Tag abgesendet war, habe ich mit Kollegen dann noch eine Partie Billard gespielt.

Sie waren zweimal als Korrespondent in Washington, das erste Mal während der Watergate-Affäre. War das der Höhepunkt Ihrer Karriere?

von Lojewski: Das war es garantiert. Zum ersten Mal spürten wir als Journalistenzunft unsere Macht, als durch hartnäckiges Recherchieren am Ende vorzeitig ein Präsident aus dem Amt gehen musste. Das waren damals natürlich vor allem die Kollegen Woodward und Bernstein von der „Washington Post“, die den Skandal aufgedeckt haben, und ich hatte einen guten Draht zu Bob Woodward, das hat mir sehr geholfen. Das war eine sehr stolze Zeit.

Und später?

von Lojewski: Highlight Nummer zwei war für mich meine Zeit in England. Ich habe Interviews mit Margaret Thatcher führen können, das war schon eine bemerkenswerte Frau. Sie war keine liebenswerte Person, eher der Typ Erzieherin – aber sie war auch sich selbst gegenüber streng. Die wusste alles, und die wusste vor allem alles besser. Dann ging ich wieder nach Washington, als Ronald Reagan Präsident war. Im persönlichen Umgang ein sympathischer Typ, den man gerne mal zum Abendessen eingeladen hätte und der permanent Witze erzählte. Leider waren sie allesamt alt, ich kannte jeden seiner Witze.

Ronald Reagan hat Ihnen Witze erzählt?

von Lojewski: Ich hatte da ein lustiges Erlebnis, als ich für ein Interview im Weißen Haus war und vergeblich die Toilette suchte. Ich machte also eine Tür nach der anderen auf, und hinter einer saß Ronald Reagan, hatte die Füße auf den Tisch gelegt und freute sich riesig, dass er wieder einen zum Quatschen hatte. Bis ich zu ihm sagte: „Die eigentliche Frage, die mich hierher bringt, ist, wo hier die Toilette ist.“ Da hat er mir gesagt, ich solle mitkommen, hat sie mir gezeigt, und wir haben uns herzlich verabschiedet.

 
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