
Bernard Bernarding nimmt die Bibel wörtlich. Er untersucht die Geschichten des Alten und Neuen Testaments auf Plausibilität und Logik. Skeptisch ergründet der Autor: Kann sich alles tatsächlich so ereignet haben? Wo gibt es Widersprüche, Ungereimtheiten? Was sind die Botschaften? Was ist im Grunde genommen unglaublich?
Nicht die Erkundung der sogenannten frohen Botschaft steht hier im Vordergrund. Vielmehr analysiert der ehemalige Messdiener, Klosterschüler und Journalist die biblische Geschichte, die ihm bereits als Schüler "spanisch" vorgekommen sei, sagt Bernarding. "Prozesse des Glaubens und des Zweifelns sind immer fließend." So sei er zum Agnostiker geworden.
Seine „Streitschrift“ soll als Denkanstoß verstanden werden. Womöglich stellten sich interessierte und weltanschauungsoffene Leser dann selbst Fragen: "Was soll dieser Mumpitz? Wieso sollen die Gläubigen noch im 21. Jahrhundert solche mythischen Gespinste als ‚Heilige Schrift‘ lesen und den Zeilen mit Ehrfurcht begegnen?" Der Autor formuliert sie im Kapitel über "Fragwürdige Helden: Abraham, Moses, David". Viele Menschen würden die "fabelhafte Geschichte" über Moses bis heute glauben. "Sie ignorieren den Märchencharakter der Erzählung und blenden aus, dass dieser mythische Stoff aus anderen Kulturen überliefert wurde", schreibt Bernarding. Nun, Glauben war und ist eben Glaubenssache. Bernardings Hinterfragen und historische Spurensuche verlässt sich dagegen nicht auf die reine Kirchenlehre.
Die akribisch recherchierte und zugleich flott geschriebene Bibel-Analyse des ehemaligen stellvertretenden Chefredakteurs der „Saarbrücker Zeitung“ und ehemaligen Berlin-Korrespondenten dieser Redaktion ist sicher für bibelgläubige Christen nicht immer einfach, irritierend, zuweilen eine Zumutung. Er schaut hinter die Geschichten, zeigt sich verwundert, polemisiert. Aber nicht nur. Der Autor meint dazu, dass er auf einer Lesung das Gefühl hatte, dass die Leute froh darüber waren, "dass es mal jemand sagt". Zugleich sei deutlich geworden, dass die Menschen gerne glauben würden, "die Alternative ist so trostlos", sagt Bernarding und verweist auf das „versöhnliche“ Ende – wo er ausführt, warum die Menschen eine Instanz namens "Gott" einfach brauchen.

Bernard Bernarding: Und Anna seufzte zum Himmel empor. Warum der liebe Gott manchmal böse und die Bibel schier unglaublich ist, Tectum Verlag, 246 Seiten, 28 Euro.