Adel Tawil? War das nicht der Sänger von Ich + Ich? Genau das! Gemeinsam mit der Berliner Produzentin Annette Humpe spielte er zwischen 2005 und 2010 als Ich + Ich drei Alben ein, das zweite (2007, „Vom selben Stern“) verkaufte stolze 1,3 Millionen Exemplare. Mittlerweile hat Tawil etliche private Schlagzeilen geschrieben und unter anderem die Soloalben „Lieder“ und „Lieder live“ veröffentlicht. Am erfolgreichsten daraus wurde der Song „Lieder“, in dem der 36-Jährige seine 28 Lieblingslieder vereint. Folgerichtig geht er auf „Lieder-Tour“ – am 10.Juli, führt sie ihn in den Bad Mergentheimer Schlosshof.
ADEL TAWIL: Nein, ich möchte nichts dazu sagen. Es gibt dazu auch nichts zu sagen, denn das ist reine Privatsache. Ich habe immer versucht, mich aus privaten oder politischen Dingen rauszuhalten. Ich mache Popmusik. Das ist das Thema, das mich etwas angeht.
TAWIL: Schön, dass Sie das mit meiner integrativen Rolle so sehen! Denn was momentan gesellschaftlich beim Thema Einwanderung abgeht, finde ich vor allem vom Tonfall her besorgniserregend. Bin ich als Sohn afrikanischer Eltern jetzt in diesem Lande überhaupt noch akzeptiert oder nicht? Da bekommt man schon ein schlechtes Gefühl. Allerdings verstehe ich auch Menschen, die, aus welchen Ängsten oder Sorgen auch immer, auf die Straße gehen und protestieren.
TAWIL: Ja klar. Aber die Religion hat in meinem Leben oder innerhalb der Familie nie eine großartige Rolle gespielt. Ich bin hier geboren und fühle mich als Deutscher – wäre ich in Ägypten geboren, wäre das vielleicht etwas anderes.
TAWIL: Das passt ja wohl auch zu einem Halb-Ägypter.
TAWIL: Ein solcher Liedermacher bin ich natürlich nicht. Aber ich finde, ich mache schon auch Lieder. Ich bin vom Typ mehr ein Singer-Songwriter, im britischen Sinne von unterhaltsam. Mein Ziel ist es, durch die Musik Leute zu berühren und Inhalte zu transportieren, die mich immer wieder in meinem Leben begleitet haben und die wahrscheinlich die meisten Menschen da draußen auch irgendwann irgendwie mal begleitet haben, Menschen mit ähnlichen Geschichten. Du bist nie allein, lautet die Botschaft.
TAWIL: Das ist eine sehr persönliche Geschichte. Im Schulchor musste ich bei der Weihnachtsfeier in der vierten Klasse zum allerersten Male als Solist auftreten und habe gezittert und alle Ängste erlebt, die möglich waren. Dann habe ich es aber geschafft – wow!!! – und das Hochgefühl nie mehr vergessen.
TAWIL: Nicht nur meiner. Er war schon sehr prägend, das Vorbild überhaupt, so wollten wir alle tanzen und aussehen. Bis zu jenem Tag, ab dem Michael Jackson so aussah, dass keiner mehr so aussehen wollte wie er.
TAWIL: Die Nummer ist ja wohl einer der größten Popsongs, die jemals geschrieben wurden. Ich muss aber zugeben, dass ich bei Dylan ein Spätberufener bin. Ihn hat mir mal Annette Humpe nahegebracht, als wir bei ihr nachts am Küchentisch saßen und philosophierten.
TAWIL: Und sie hat mich um 2002 'rum gerettet, wie ich das jetzt mal formuliere. Meine Anfangszeit in der Boyband The Boyz war von Plastikpop dominiert und sehr fremdbestimmt. Wir hatten sogar zu unterschreiben, dass wir keine Freundin haben dürfen. Das war natürlich nicht der Weg, den ich mir so vorgestellt hatte. In dieser Zeit gabelte mich die Annette auf und hat mich richtig wachgemacht, ich müsse endlich meinen eigenen Weg gehen, nicht nur rumsitzen und warten, dass was passiert. Und vor allem nicht immer nur Ja und Amen zu allem sagen.
TAWIL: Na ja, ein bisschen schon, aber letztlich nicht. Ich hatte ziemlich viele Flausen im Kopf, habe eine Schule mit Graffiti besprüht, war aber nie mit Drogen in Berührung oder straftätig. Ich habe immer gewusst, wo Schluss ist, auch, weil meine Eltern dahinterstanden, die mich gut erzogen haben. Ihnen bin ich dafür stets dankbar, und Annette Humpe für die spätere Entwicklung.
TAWIL: Das stimmt schon, wir wurden am Anfang sogar belächelt, nach dem Motto, was will denn der junge Kerl mit der älteren Frau da. Qualität setzt sich aber dauerhaft durch, und auf die Qualität unserer Texte und Inhalte haben wir sehr genau geachtet. Außerdem ist und bleibt es einfach so, dass man mit Musik selten den Geschmack aller möglichen Hörer erreichen wird.
TAWIL: Meinen Sie? Ich finde, dass ich speziell in Rhythmus und Arrangement meinen Weg konsequent weiterbeschritten habe. Auch bei den Texten habe ich doch etwas anderes zu sagen.
TAWIL: Das wird man sehen. Ich lasse die Dinge mal auf mich zukommen und bleibe so lange auf der Suche.
TAWIL: Dafür muss ich mich ja nicht schämen. Schön ist es jedenfalls, keine Schublade zu sein.