Jung, schön, begabt und von sich selbst begeistert: Als Bassist der legendären Hamburger New-Wave-Band Palais Schaumburg und Sänger des Avantgarde-Duos Die Zimmermänner war Timo Blunck einer von den Coolen. Mit Palais Schaumburg war er kurze Zeit berühmt, spielte Anfang der 80er Jahre als Vorgruppe von Depeche Mode und stand auf international angesagten Musikbühnen.
Mit 55 Jahren ist Timo Blunck auch noch ganz schön. Aber vor allem findet er sich immer noch supertoll. Ohne einen ausgeprägten Hang zum Narzissmus würde es seinen Debütroman „Hatten wir nicht mal Sex in den 80ern?“ gar nicht geben. Wer auf knapp 500 Seiten mit so sichtlicher Freude jegliche Art von Exzess, Höhenflüge, Abstürze und heftige Gefühle aller Art herausposaunt, muss sich selber ausgesprochen gut finden.
Im Roman heißt Blunck Schröder und seine Band Villa Hammerschmidt. Und der Grund für seine intensive Selbstbespiegelung ist eine Psychotherapie, zu der ihn seine Schwester nach einem lebensgefährlichen Drogenabsturz mit dem Hinweis „Sonst sag ich?s Mama“ zwingt. Dank dieses therapeutischen Ansatzes kann Blunck alias Schröder ungehemmt loslegen. Thematisch ist er eingeschränkt: Musik, jegliche Art von Drogenkonsum und Sex. Immerhin wechselt die Reihenfolge von Kapitel zu Kapitel.
Wer kein Freund von ausführlich beschriebenen Sexpraktiken ist, wird das Buch mindestens ein Drittel zu lang finden. Wer Zynismus, Selbstironie, meistens nette Angeberei und Anekdoten über bekannte Musiker mag, wird Spaß haben. Schließlich hat kein Geringerer als Dave Gahan von Depeche Mode mal vor einem Auftritt Bluncks Hemd gebügelt. Und weil Schröder – Exzesse hin, wechselnde Gespielinnen her – eigentlich nur eine einzige Frau so richtig liebt, können auch Romantiker Herrn Bluncks Debütroman im Sommerurlaub lesen.
Sehr witzig: Zeitgleich zum Roman ist ein Album mit zwölf Songs erschienen, die wie die Kapitel im Buch heißen.
Timo Blunck: „Hatten wir nicht mal Sex in den 80ern?“ Heyne; 463 S., 22 Euro