Mit der Verfilmung der „Blechtrommel“ von Günter Grass hat Volker Schlöndorff Filmgeschichte geschrieben. 1980 erhielt er für die bereits mit einer Goldenen Palme ausgezeichnete Kinoversion des Romans den ersten Oscar für einen deutschen Spielfilm seit Kriegsende – nach den Schrecken der Naziherrschaft war Deutschland endgültig wieder in die internationale Kinogemeinschaft aufgenommen. Am kommenden Montag, 31. März, wird der in der Potsdam lebende Regisseur, Drehbuchautor und Produzent 75 Jahre alt.
In Europa hatte Schlöndorff schon 1966 in Cannes mit der Robert-Musil-Verfilmung „Der junge Törless“ ein viel beachtetes Debüt geliefert. Der Terrorismus-Film „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ nach der gleichnamigen Erzählung seines Freundes Heinrich Böll brachte ihm 1975 auch an den Kinokassen Erfolg. Seither gehörte er mit Werner Herzog, Wim Wenders und anderen zu den Aushängeschildern des Neuen Deutschen Films und profilierte sich als Spezialist für anspruchsvolle, hochkarätig besetzte Literaturverfilmungen.
Lebensthema des gebürtigen Hessen ist vor allem die jüngste deutsche Geschichte. „Ich habe viele, viele Filme über den Nationalsozialismus gemacht, immer auf der Suche nach der Frage: Wie war das möglich?“, sagte er. „Ich habe die Nachkriegszeit ja noch gut in Erinnerung – die Verbohrtheit der Leute, dieses Gefühl des Rechtshabens, und null Schuldbewusstsein. Das hat mich sehr geprägt.“ 1939 in Wiesbaden als Sohn eines Arztes geboren, verlor Schlöndorff schon mit fünf seine Mutter bei einem Küchenbrand. Mit 16 ging er zu einem Schüleraustausch nach Frankreich – aus zwei Monaten wurden zehn Jahre. Er beendete in Paris die Schule, studierte Politikwissenschaft und ging als Regieassistent von Louis Malle, Alain Resnais und Jean-Pierre Melville bei den Vertretern der Nouvelle Vague in die Lehre.
Der beispiellose Erfolg mit der „Blechtrommel“ ermöglichte ihm später als einem der ganz wenigen Deutschen auch eine Karriere in Hollywood. In den USA entstanden Filme wie „Tod eines Handlungsreisenden“ (1984) mit Dustin Hoffman und „Die Geschichte einer Dienerin“ (1989) nach einem Bestseller von Margaret Atwood. Mit Max Frischs „Homo Faber“ meldete sich der Filmemacher 1991 in Deutschland zurück.
In seinen Memoiren „Licht, Schatten und Bewegung“ gab Schlöndorff 2008 einen Einblick in den „Abenteuerspielplatz“ seines Lebens. 20 Jahre lang war er mit der Schauspielerin und Filmemacherin Margarethe von Trotta verheiratet, die bei „Katharina Blum“ auch mit Regie führte. 1992 schloss er eine zweite Ehe, mit der Filmcutterin Angelika Gruber, mit der er noch spät eine Tochter bekam. Auch Enttäuschungen und Niederlagen sind in dem Buch nicht ausgespart. So wurde 1996 das ambitionierte deutsch-französische Kinodrama „Der Unhold“ mit John Malkovich zu einem seiner größten Flops. 2007 warf die Constantin ihn bei der Romanverfilmung „Die Päpstin“ kurzerhand raus, nachdem er auch mit Blick auf das Münchner Unternehmen die Vermischung von Film- und Fernsehproduktionen kritisiert hatte.
Sein Engagement als Manager des vom Ruin bedrohten Filmstudios Babelsberg in den 90er Jahren kann er dagegen als Erfolg verbuchen. Inzwischen arbeiten selbst Hollywoodstars wie George Clooney und Quentin Tarantino dort. An Ruhestand mag Schlöndorff, der gern auch Opern und Theaterstücke inszeniert, nicht denken. Im Sommer kommt sein Psychodrama „Diplomatie“ um die drohende Zerstörung von Paris durch die Nazis in die Kinos. Zwei weitere Projekte laufen bereits. „Ich fühle mich noch nicht alt“, sagt er. „Der Ruhestand kommt schon von selbst, wenn er kommen muss.“