Als kleiner Junge sammelte Uwe Friedrichsen Zigarettenbildchen von Ufa-Stars. „Das war ungeheuer interessant, diese Stars“, erinnert sich der Schauspieler, der am Dienstag (27. Mai) 80. Geburtstag feiert. Einer, den er besonders anhimmelte, war Gustaf Gründgens. „Den möchte ich mal kennenlernen“, habe er sich gedacht.
Niemals hätte sich der Zwölfjährige träumen lassen, dass er zehn Jahre später, 1956, am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg auf der Bühne stehen würde. „Hier ist ein Verrückter“, berichteten Gründgens Assistenten, als Friedrichsen mit Maske, Kostüm und Requisiten zum Vorsprechen kam. „Sofort engagieren“, soll Gründgens geantwortet haben.
In der legendären „Faust“-Inszenierung spielte Friedrichsen neben Gründgens als Mephisto und Will Quadflieg als Faust den Schüler. „Ich habe ungeheuer viel von ihm gelernt. Ohne Gründgens wäre ich heute nicht der, der ich bin“, sagt Friedrichsen. Seinen Geburtstag feiert der Schauspieler, der mit seiner zweiten Ehefrau Ute in Seevetal bei Hamburg lebt, im kleinen Kreis.
„Schauspieler nehmen sich oft zu wichtig. Ich habe immer das wichtig genommen, was ich gemacht habe, aber nicht mich persönlich“, sagt Friedrichsen, der für seine Perfektion bekannt ist. Dabei hatte es ihm niemand leicht gemacht, Schauspieler zu werden. „Meine Eltern wollten natürlich, dass ich etwas Anständiges lerne.“ Und das bedeutete in Hamburg: eine Lehre als Import-/Exportkaufmann. Der Großvater, bei dem der Junge aufwuchs, hielt seinen Berufswunsch „für absolute Spinnerei“. Doch als sein Enkel in der ersten Serie des deutschen Fernsehens, „Familie Schöllermann“, den Schwiegersohn in spe spielen durfte, war auch er überzeugt: Kurzerhand besorgte er einen Fernseher und stellte ihn im „Dorfkrug“ in Kattendorf auf, damit alle den Auftritt im Fernsehen miterleben konnten.
„Ich habe das Fach nie gelernt, und ich bin heute der Meinung: Das, was den Schauspieler ausmacht, kann man nicht lernen – das hat man, oder man hat es nicht.“ 1953 gründete Friedrichsen mit anderen Kollegen das „Theater 53“. Dort stand er mit Kurzgeschichten von Wolfgang Borchert und Ernest Hemingway auf der Bühne. Nebenbei arbeitete er nachts im Hamburger Hafen und als Zeitungspacker. 1955 wurde Ida Ehre, die Prinzipalin der Hamburger Kammerspiele, auf ihn aufmerksam. Ein Jahr später holte ihn Gründgens für seinen „Faust“ ans Deutsche Schauspielhaus. Bis 1968 gehörte Friedrichsen dort zum Ensemble, dann machte er sich selbstständig und entdeckte das Fernsehen für sich: Große Popularität erlangte er als Detektiv Jones Burte in der Kriminalserie „John Klings Abenteuer“ (1965-70), in „Spaß beiseite, Herbert kommt“ (1981) und in der Wirtschaftskrimi-Serie „Schwarz-Rot-Gold“, in der er bis 1995 mit sprödem norddeutschen Charme einen Zollfahnder spielte. Als Synchronsprecher lieh er unter anderem Peter Falk, Gérard Depardieu und Donald Sutherland seine Stimme.
Zuletzt sah man ihn am Ernst Deutsch Theater und am Ohnsorg Theater, wo er in die Rolle von Hans Albers schlüpfte oder Goethes „Faust“ auf Platt gab. Daneben hat sich Friedrichsen immer sozial und politisch engagiert. So machte er für die SPD Wahlkampf und wurde von den Sozialdemokraten zur Bundespräsidenten-Wahl nach Berlin entsandt. „Wir sind in diese Welt gestellt mit einer Aufgabe, und wir müssen diese Aufgabe erfüllen“, sagt der gläubige Christ. „Das Problem unserer Zeit ist, dass die Menschen zu wenig Zivilcourage haben.“