Die Musikkarriere von Hannes Wittmer hat angefangen wie bei vielen anderen auch. Aufgewachsen in Hammelburg in der Provinz, Studium in Würzburg abgebrochen und in die Großstadt Hamburg gezogen, um von der Musik leben zu können. In den letzten zehn Jahren hat Hannes Wittmer unter dem Pseudonym Spaceman Spiff drei Alben veröffentlicht und deutschlandweit einige 100 Konzerte gespielt.
„Als ich mein letztes Album herausgebracht habe, kamen allein im ersten Jahr eine Million Streams zusammen“, erzählt Wittmer. „Und ich habe 400 oder 500 Euro dafür bekommen. Das ist das, was finanziell angekommen ist. Mit Spotify lässt sich also als Künstler nicht wirklich viel Geld verdienen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das noch so ein Geheimnis ist.“
Sein bürgerlicher Name klingt irgendwie erwachsener, findet er
Sein letztes Album „Endlich nichts“ (2014) hat Hannes Wittmer noch beim Hamburger Indie-Label Grand Hotel van Cleef veröffentlicht, bei dem auch Künstler wie Thees Uhlmann oder Kettcar unter Vertrag stehen. Wittmer hat sich seitdem viele Gedanken gemacht. Wer verdient eigentlich daran, wenn ein Künstler ein Album veröffentlicht? Die Antwort: Vor allem große Konzerne wie Amazon, Spotify oder Apple.
„Ich will mit diesen Firmen nichts mehr zu tun haben. Die einzige Lösung war, mich davon komplett abzukoppeln und zu sagen: Ich verschenke meine Musik übers Internet. Und wer mir was dafür bezahlen will, kann das gerne tun.“ Wittmer firmiert künftig auch nicht mehr unter seinem Pseudonym Spaceman Spiff, sondern unter seinem bürgerlichen Namen. Das klinge irgendwie erwachsener findet er.
Seit Anfang November steht sein neues Album „Das große Spektakel“ auf seiner Homepage kostenlos zum Download oder zum Stream zur Verfügung. Der 32-Jährige will nicht mehr, dass seine Musik als Produkt bewertet und mit einem Preisschild versehen wird. Aber natürlich muss auch er seine Miete bezahlen, und Musik ist nun mal sein Beruf. Deshalb gibt es auf seiner Internetseite den Button „Unterstützen“. "Da erkläre ich, was ich alles mache. Wenn Ihr das gut findet und damit was verbindet, dann stehen meine Kontodaten da, und ihr könnt mir einen Betrag überweisen", so der Musiker.
Ob die Fans genügend Geld spenden, muss sich erst noch zeigen.
Aber wer will, bekommt das Album gratis, und wenn er sich an anderer Stelle bedanken will, kann er das gerne tun. "Mir war es wichtig, diese Idee mal radikal auszutesten.“ Ob ihm seine Fans jetzt wirklich so viel Geld spenden, dass er davon leben kann, wird sich in den nächsten Monaten weisen.
Hannes Wittmer ist nicht der einzige Künstler, der gegen die Macht der großen Medienkonzerne aufbegehrt. Es gibt etliche, die ähnliche Zeichen gesetzt haben: Die britische Band Radiohead hatte bereits vor elf Jahren ihr Album „In Rainbows“ – vorübergehend – kostenlos ins Netz gestellt. Jeder konnte entscheiden, was er bezahlen will. 2014 stellten De La Soul für einen kurzen Zeitraum einen Großteil ihrer Diskografie kostenlos zum Herunterladen ins Netz, Neil Young hat sogar alle seine Alben inklusive zuvor unveröffentlicher Songs frei zugänglich gemacht. Weitere Beispiele sind Prince oder George Michael.
Hannes Wittmer geht aber noch weiter. Er will nicht nur auf den Lohn für seine Studioproduktion verzichten, auch bei seinen Konzerten soll dieses Prinzip gelten. „Die Leute sollen einfach selbst bestimmen, was ihnen meine Musik wert ist. Dann denken sie vielleicht auch mal drüber nach.“ „Deshalb spiele ich auch ab jetzt meine Konzerte nach dem Pay-What-You-Want-Prinzip. Dann schauen wir einfach mal, was passiert." Das Ganze sei ein riesiger Testballon, das Feedback bisher aber sehr positiv.
„Vielleicht löst das Ganze ja etwas aus. Vielleicht springen andere Musiker auch auf den Zug auf, und dann sind eben nicht mehr alle Alben bei Spotify." Vielleicht ergebe sich dann die Notwendigkeit, für eine Indie-Version von Spotify: "Eine alternative Plattform, bei der nicht die großen Labels ihre Finger im Spiel haben und die Listen kuratieren.“ Hannes Wittmer träumt davon, einen Diskurs anzustoßen und seine Musik von ökonomischen Aspekten freizumachen. Jetzt müssen nur noch alle anderen mitmachen: Konzertveranstalter, Booking-Agenturen und Plattenlabels.