„Wir sind alle hundemüde, aber ziemlich glücklich“, sagt Viviane Bogumil von der Würzburger Filminitiative, Veranstalter des 42. Internationalen Filmwochenendes. Das Festival geht an diesem Sonntagabend zu Ende, wie's bislang aussieht, mit einer ähnlich großen Resonanz wie im Vorjahr. „Weit über 9000 Zuschauer“, so die Bilanz von Festivalchef Thomas Schulz, sind an vier Tagen in die vier Säle in der Mozartschule und im dortigen Central-Kino gekommen, um sich in rund 100 Vorstellungen über 60 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme aus aller Welt und abseits des Mainstreams anzuschauen.
„Wir hatten keinen Flop dabei, offenbar lagen wir richtig“, freut sich Schulz, dessen Team von der Filminitiative das Programm zusammenstellte. Oberste Kriterien: Aktualität, Qualität, und der Film darf noch nicht im Kino oder Fernsehen gelaufen sein. Am meisten gesehen waren vor allem der österreichische Streifen „Gruber geht“, die dänische Dreiecksgeschichte „Rosita“, die Schweizer Sozialkomödie „Sweet Girls“ sowie die Kurzfilmblöcke.
Auf große Resonanz stießen auch die beiden Retrospektiven. Die meisten Vorstellungen mit Science-Fiction-Filmen nach Vorlage des polnischen Autors Stanislaw Lem waren ausverkauft, sehr gefragt auch die Reihe „100 Jahre Gänsehaut“ mit klassischen Horrorfilmen.
Dieses Genre bescherte dem Festival – neben vielen anderen Filmschaffenden – einen Gast aus Hollywood: Der Produzent, Regisseur, Autor und Filmhistoriker Mick Garris gilt als großer Horror-Spezialist, arbeitete schon mit Größen wie Steven Spielberg oder Stephen King zusammen. Aus dem sonnigen Los Angeles angereist, genoss er den Aufenthalt im kalten Würzburg. Er liebt die europäische Kino-Historie, die auch in Amerika geachtet sei.
Schon mit zwölf begann er die ersten seiner Geschichten zu veröffentlichen. Als er 33 war, holte ihn Spielberg für die Fernsehserie „Amazing Stories“ ins Boot. „Horror hat Hochkonjunktur“, sagt der 64-Jährige. Gerade in Zeiten realer Schrecken helfe das filmische Grauen und Schaudern, den alltäglichen Horror erträglich zu machen. Zudem suche die Jugend gerne „Trost in Monstern“ oder sehe die Gruselei als eine Art Protest gegen die Erwachsenenwelt.
Garris – „Geschichten erzählen fällt mir leicht“ – zeigte beim Festival seine Filme „Masters of Horror“, „Riding the Bullet“ und wohl als bekanntesten „Critters 2“, bei dem er Regie führte. Derzeit arbeitet er am Episodenfilm „Nightmare Cinema“.
Alles andere als ein Albtraum im Kino war die aufwendig gestaltete und schon seit Tagen ausverkaufte Sonntagsmatinee, ebenfalls in Sachen Horror: Eigens zum Stummfilmklassiker „Das Cabinet des Dr. Caligari“ hatte Werner Küspert die Musik komponiert und im Quintett gespielt. „Es war ein Erlebnis für mich“, zeigte sich der Würzburger Jazz-Musiker zufrieden, er hat bereits Anfragen von Festivalveranstaltern in Hamburg und Zürich.
„Eine Retroperspektive wird es auf jeden Fall auch beim nächsten Festival geben“, kündigt Sprecher Jan Rosenow ob des großen Erfolgs bereits an. Das Thema steht noch nicht fest – im Gegensatz zum neuen Spielort.
Nachdem das Central-Kino im Herbst in das Kultur– und Kreativzentrum „Bürgerbräu-Gelände“ zieht, wird ihm Bayerns zweitältestes Filmfestival wohl dorthin folgen, möglicherweise mit einer Spielstätte im nahen Vogel-Convention-Center.
Festivalchef Schulz spricht von einem „weinenden Auge“ angesichts des Abschieds nach drei erfolgreichen Jahren in der Mozartschule. „Der 50er Jahre Bau sorgte für eine tolle Festivalatmosphäre, die viele Zuschauer liebten.“
Die Besucher bekamen erstmals eine tägliche Festivalzeitung, produziert von Studenten der Münchner Hochschule für Film und Fernsehen. „Wir wollen das auch nächstes Jahr machen“, erklärt Bernd Sucher, Leiter des Studiengangs und ehemaliger Film- und Theaterkritiker.
Pannen gab es auch: Ein Film konnte wegen Problemen mit dem Download nicht gezeigt werden. Und einem Gast, einer russischen Schauspielerin, wurde am Frankfurter Flughafen die Einreise verweigert.
Kein Filmfestival ohne Wettbewerb: Zum besten Spielfilm kürten die Zuschauer das dänische Kriegsdrama „Krigen“ vor „Kar Korsanlari“ und „Jack“. Den Dokumentarfilmpreis gewann „Bikes vs. Cars“ vor „Für eine schöne Welt“ und „L?abri“. Bester Kurzfilm wurde „Alienation“ vor „Die Badewanne“ und „Stems“.
Den Publikumspreis unter den „Selbstgedrehten“ gewann die Filmgruppe des Röntgen-Gymnasiums Würzburg mit „Raum 307“.