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Twitter ist Paulo Coelhos Bar
Zum 65. Geburtstag: Der Bestsellerautor ist auch einer der einflussreichsten Menschen in sozialen Netzwerken
Von dpa-Korrespondent Juan Garff
 |  aktualisiert: 07.01.2016 14:53 Uhr

Paulo Coelho ist des Schreibens noch lange nicht müde. Kürzlich hat der brasilianische Schriftsteller das Buch „Manuscrito Encontrado em Accra“ („In Accra gefundenes Manuskript“) vorgestellt, in einer ersten Auflage von 100 000 Exemplaren. Die Gesamtauflage seiner Werke liegt bei über 135 Millionen, damit ist Coelho einer der erfolgreichsten Autoren der Welt. Allein „Der Alchimist“ verkaufte sich 65 Millionen Mal. Am Freitag, 24. August, wird Paulo Coelho 65 Jahre alt.

Aber nicht nur über seine Bücher erreicht Coelho seine Anhänger. Nach „Forbes“ ist der seit 2009 in Genf lebende Schriftsteller einer der einflussreichsten Menschen in den sozialen Netzwerken, mit heute 5,3 Millionen Anhängern bei Twitter und 9,1 Millionen bei Facebook. „Twitter ist meine Bar“, erklärt er. „Ich bin modern, weil ich das Komplizierte einfach erscheinen lasse, weil ich mit der ganzen Welt kommuniziere, weil ich ein Autor globalisierter Literatur bin.“ Als einer der ersten anerkannten Schriftsteller gab er seine Werke im Internet frei – und hat dadurch, nach eigenen Angaben, nur noch mehr Bücher verkauft.

Anhänger der Schwarzen Magie

Coelho wurde am 24. August 1947 in einer bürgerlich-katholischen Familie in Rio de Janeiro geboren. Seit 1980 ist er mit der brasilianischen Malerin Christina Oiticica verheiratet. Vor Beginn seiner literarischen Sinnsuche lebte er intensiv als Rebell, Rock- und Theaterautor und Anhänger der Schwarzen Magie sowie orientalischer Religionen. Ein Besuch der KZ-Gedenkstätte in Dachau und der Pilgerweg nach Santiago de Compostela in Spanien sollen die Wendepunkte dargestellt haben. Über seine Wanderung auf dem Jakobsweg 1986 schrieb er sein erstes erfolgreiches Buch. 1988 folgte der Weltbestseller „Der Alchimist“ über die Suche eines jungen Hirten nach Lebenssinn und -glück.

„Große Fremdheit“ empfinde er, wenn er heute auf seine Vita zurückblicke, sagte Coelho jüngst in einem Interview des „Süddeutsche Zeitung Magazins“. „Der Mensch, dem ich da begegne, ist mir heute genauso fern wie der Paulo Coelho, der mal zwei Jahre lang Kommunist war.“

Coelhos Werke sind umstritten, von Kritikern werden sie oft als Unterhaltungsliteratur heruntergespielt. Idelber Avelar, Literaturprofessor an der Tulane-Universität in New Orleans, versucht eine Erklärung für den Erfolg: Coelho schreibt Gleichnisse und Parabeln in der Sprache der modernen Unterhaltungsliteratur. Der belehrende Ton der Sinnsuche, meinte Avelar jüngst in einem Beitrag für „Folha de Sao Paulo“, sei in einer fiktionalen Erzählung eingewickelt.

Ein gewisses Maß an Rätselhaftigkeit

Trotz der Einfachheit der Sprache bleibe so ein gewisses Maß an Rätselhaftigkeit bestehen, das den Leser fasziniere. „Auf dem Jakobsweg“, „Der Alchimist“, „Aleph“ oder „Veronika beschließt zu sterben“ sind Beispiele dafür. Übersetzungen in 73 Sprachen in 150 Ländern bezeugen den Erfolg. Seine Kontroverse mit den Literaturkritikern entfachte Coelho neu, als er in einem Gespräch mit „Folha de Sao Paulo“ Anfang August James Joyces „Ulysses“ als ein „für die Menschheit schädliches“ Werk bezeichnete. Es sei nur Stil ohne Inhalt. Wenn man ihn seziere, bleibe vom „Ulysses“ nicht mehr als ein Tweet.

In seinem neuen Buch greift Coelho, wie schon bei vorangegangenen Werken, ein antikes Thema religiöser Prägung auf – die Ratschläge eines Weisen in Jerusalem vor dem Angriff der Kreuzritter im Jahr 1099 –, um in einem Mix von Fiction und Non-fiction Lebenswahrheiten zu vermitteln. „Das Buch basiert auf Wertvorstellungen, die können nie Fiktion sein, sie durchkreuzen die Zeiten“, erklärte Coelho. Das Manuskript gibt es wirklich, es ist aus dem Jahr 1307 und wurde 1974 von dem britischen Archäologen Walter Wilkinson entdeckt. „Das Buch versucht zu zeigen, wie Fragen, die wir vor tausend Jahren hatten, weiterhin aktuell sind, wie sie damals erklärt wurden und wie sie heute beantwortet werden.“ Coelho hatte von Wilkinsons Sohn Ende November 2011 eine Kopie des Manuskripts erhalten, kurz vor einer Herzoperation. Im Licht und Schatten dieser Todesnähe schrieb er das Buch in zwei Wochen. Ein halbes Jahr später erscheint jetzt diese Umschreibung des alten Manuskripts, genau 25 Jahre nach der Veröffentlichung seines ersten Werks, „Auf dem Jakobsweg“.

Leben und Werk von Paulo Coelho

• Geboren am 24. August 1947 in Rio de Janeiro, Brasilien, verheiratet mit der Malerin Christina Oiticica. • Anfang der 1970er Jahre reist er als Hippie durch Südamerika, Europa und Afrika. Er arbeitet auch als Songtexter, Journalist sowie Theater- und Drehbuchautor. • 1974 wird er vom brasilianischen Militärregime wegen subversiver Aktivitäten verhaftet. • Nachdem er 1986 nach Santiago de Compostela gepilgert war, schreibt er „Auf dem Jakobsweg“. • 1988 erscheint „Der Alchimist“ (1988), eines der bestverkauften Bücher eines lebenden Autors. Weitere Werke: „Brida“ (1990), „Am Ufer des Rio Piedra saß ich und weinte“ (1997), „Der Zahir“ (2005), „Aleph“ (2012).

 
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