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SOMMERHAUSEN
Torturmtheater: Wer oder was sind wir wirklich?
Angelika Relin arbeitet am Bühnenbild für die erste Premiere der neuen Spielzeit
Foto: Thomas Obermeier | Angelika Relin arbeitet am Bühnenbild für die erste Premiere der neuen Spielzeit
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:19 Uhr

Ist das nun ein echter Pollock oder nicht? Maude hat das vollgekleckste Bild beim Trödler ergattert und hofft nun auf eine Sensation. Nicht so sehr auf Millionen, obwohl sie die wohl gut brauchen könnte, vielmehr auf Anerkennung, Bestätigung und das Gefühl, einmal etwas richtig gemacht zu haben. Bisher lief das Leben der Barfrau nicht so toll. Sie lebt in einer Trailersiedlung, ihr Mann säuft, ihr Sohn ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen.

Doch Lionel Percy, Experte mit der Gabe des (vermeintlich) unfehlbaren ersten Blicks, will das Bild einfach nicht als echt anerkennen. Auch er wiederum nicht unbedingt aus naheliegenden oder rational begründbaren Gründen. Er kann einfach nicht akzeptieren, dass einer derart ungebildeten Person ein solcher Fund gelungen sind soll.

Nach einer wahren Begebenheit

Ob das Gemälde – und damit Maudes Intuition – nun echt oder nicht echt ist, bleibt offen in Stephen Sachs' Zwei-Personen-Stück „Das Original“, das am 4. April die neue Spielzeit im Torturmtheater Sommerhausen eröffnet (bis 2. Juni). Das Kunst-Stück nach einer wahren Begebenheit inszeniert Oliver Zimmer mit den Darstellern Dorina Pascu, in der vergangenen Saison in „Donna Quichote im Kältetraining“ zu sehen, und Armin Hägele.

Der Saisonpremiere geht ein Jazzabend voraus, der an eine Torturm-Tradition anknüpft, die Angelika Relin nach dem Tod von Veit Relin im Jahr 2013 hatte ruhen lassen. Veit Relin hatte den Spielzeiten immer eine Lesung im Foyer vorangestellt. Angelika Relin: „Mein Mann war ein großartiger Vortragender, deshalb konnte ich die Reihe nicht nahtlos wiederaufnehmen.“ Jetzt hat sie ein neues Konzept gefunden, den Jazzabend am 24. März (19 Uhr) mit Armin Fuchs, der oft mit Veit Relin zusammenarbeitete, und seinem Duopartner Thomas Listl. Die beiden spielen auf E-Piano und Keybass, einem umhängbaren Instrument mit Klaviertasten. Titel: „Der ewige Elch“. Angekündigt sind neben der Musik allerhand schräge Geschichten, erzählt von allerhand Tieren.

Der Hund als Philosoph

Ein Tier spielt auch eine zentrale Rolle in der zweiten Produktion der Spielzeit ab 7. Juni (bis 4. August), inszeniert von Eos Schopohl: „Hund, Frau, Mann“ von Sibylle Berg, auch bekannt als Kolumnistin des „Spiegel“. Ein Mann und eine Frau treffen sich zum Blind Date, landen schließlich bei ihr, und weil es so regnet, erbarmen sie sich eines Straßenhunds, nehmen ihn mit hoch. Aus dem Date wird eine Beziehung, allerdings eine mit höchst unterschiedlichen Motivationen und Abhängigkeiten. „Je mehr sie aufblüht, desto kleiner wird er“, beschreibt Angelika Relin. „Schließlich findet sie sehr drastische Mittel, um ihn an sich zu binden.“

Was ein wenig nach Stephen Kings „Misery“ klingt, entwickelt durchaus pathologische Züge, immer wieder kommentiert vom Hund, der sich als wahrer Philosoph entpuppt, der freilich auch nicht sehr weit über die eine zentrale Frage hinauskommt: „Warum machen es sich die Menschen nur so schwer?“

Wer ist der echte Hitler?

Um eine eher skurrile Fragestellung in Sachen Echtheit geht es ab 9. August (bis 6. Oktober) in Theresia Walsers „Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm“, nämlich um die Frage, wer denn der echte Hitler sei. Auf der Bühne, versteht sich. Die Versuchsanordnung: Drei Schauspieler bereiten sich auf eine Podiumsdiskussion vor, in der es darum gehen soll, ob und unter welchen Prämissen es zulässig ist, die Figur Hitler auf die Bühne zu bringen. Zwei der Schauspieler, im folgenden H1 und H2 genannt, haben Hitler bereits gespielt, Schauspieler Nummer drei ist bislang über Goebbels noch nicht hinausgekommen. Natürlich geht es in der „urkomischen Persiflage auf das Theater“ (Angelika Relin) auch um Fragen wie Werktreue oder Regietheater, drängender aber sind andere: „Kommen wir herein, oder sitzen wir schon?“

Den Abschluss der Saison macht von 11. Oktober bis 23. Dezember mit Eric-Emmanuel Schmitt ein alter Bekannter des Torturmtheaters. In der deutschsprachigen Erstaufführung seiner Parabel über Liebe, Eitelkeit und Eifersucht „Das Liebeselixier“ geht es um die wahre Liebe. Und die Frage, ob eine wie auch immer beschaffene Art von Elixier solche Liebe wecken kann. Der Mann, ein Chemiker, ist überzeugt davon, schließlich ist Liebe auch nur ein biochemischer Prozess im Gehirn. Die Frau hingegen hat kein Elixier nötig, wie sich zeigen wird. Jedenfalls: Am Ende ist die Konstellation eine entscheidend andere als zu Beginn...

Torturmtheater Sommerhausen:

„Der ewige Elch“, Jazzabend mit Armin Fuchs und Thomas Listl, Samstag, 24. März, 19 Uhr

Saisonpremiere mit „Das Original“ von Stephen Sachs, Mittwoch, 4. April, 20 Uhr. Bis 2. Juni. Spieltage Dienstag bis Freitag 20 Uhr, samstags 16.30 und 19 Uhr. Karten unter Tel. (0 93 33) 268 oder kartenbestellung@torturmtheater.de

 
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