Wenn Männer einen Job gut machen, steigen sie auf, bis sie Sphären erreichen, in denen sie vollends überfordert sind. Wenn Frauen einen Job gut machen, bleiben sie, wo sie sind. Wäre doch blöd, wenn man eine andere finden müsste, um die Fehler der überforderten aufgestiegenen Männer auszubügeln.
Uschi weiß das. Oder könnte es wissen. Was ihr dennoch nichts nützen würde. Weil die Dinge sind, wie sie sind. Das Problem ist, dass sich Uschi trotzdem für eine Verliererin hält. Und weil Uschi sich für eine Verliererin hält, tun es alle anderen auch. Obwohl sie es ist, die im Körnschen Bekleidungsimperium die zündenden Ideen hat, obwohl sie es ist, die immer wieder für ihren Vorgesetzten Jacobi die Kohlen aus dem Feuer holt (siehe oben).
Mit der Uraufführung des Ein-Frau-Stücks „Donna Quichote im Kältetraining“ hat das Torturmtheater Sommerhausen am Donnerstag die Saison eröffnet. Die Adaption des Romans „Kältetraining“ von Sylvia Hoffman ist eine furiose, 75 Minuten lange (Selbst-)Abrechnung. Dorina Pascu als Uschi bricht ein Hadern, Höhnen, Spotten, Flehen, Lachen, Heulen von bannender Intensität vom Zaun – das ist auf kuriose Art verstörend und amüsant zugleich.
Der Zuschauer begegnet Uschi in einem Abstellraum. Während sie mit den Bausteinen dreier Schaufensterfiguren hantiert, berichtet sie von der Party, die Jacobi zu seinem 50. in seinem Nobelbungalow ausgerichtet hatte und die sie hatte nutzen wollen, um endlich durchzustarten. Doch dann kam alles ganz, ganz anders.
Wie konnte das alles nur so schiefgehen?
Während Uschi darüber sinniert, wie das alles so schiefgehen konnte – die Party, ihr Beruf, ihr ganzes Leben –, wird aus dem Hantieren mit den Schaufensterpuppen eine Art Zeitlupen-Tanz. Plötzlich wird ein Arm zum Mikrofon, ein Rumpf zum Tanz- und ein Kopf zum Gesprächspartner.
Regisseurin Eos Schopohl hat eine verblüffend schlüssige Choreografie erdacht, in der Dorina Pascu ihre ungeheure Ausdruckskraft entfalten kann – inklusive Judith- oder Salome-Anspielung mit Plastikkopf auf Kartontablett.
Virtuose Wechsel zwischen den Zeitebenen
Virtuos verwebt der Text mehrere Zeitebenen, virtuos springt oder gleitet Dorina Pascu zwischen diesen Ebenen umher. Und zeichnet dabei das Bild einer höchst geistreichen, wortgewandten Frau mit bemerkenswerten Talenten, wie etwa eine broadwaytaugliche Version des Chansons „C'est si bon“ zeigt.
Und doch weiß man nicht so recht, was man anfangen soll mit dieser Frau – mit ihrem Selbstmitleid, ihrer Galligkeit, ihrem Sarkasmus. Die sich nie getraut hat, das zu tun, was ihr Spaß macht, und die es nie fertiggebracht hat, im richtigen Augenblick Nein zu sagen. Vielleicht ist sie verwandt mit tragischen Helden wie Willy Loman („Tod eines Handlungsreisenden“) oder James Tyrone („Eines langen Tages Reise in die Nacht“). Vielleicht ist sie aber auch nur eine Frau, die unglaublich viel Pech hatte.
Spieltage: Dienstag bis Freitag, 20 Uhr, samstags 16.30 und 19 Uhr. Das Stück läuft bis 27. Mai.
Karten: Dienstag bis Samstag ab 16 Uhr unter Tel. (0 93 33) 268 oder kartenbestellung@torturmtheater.de