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Rothenburg
Taubertal-Festival: Stimmung zwischen Berg und Tal
Taubertal-Festival: Unterhalb von Rothenburg ob der Tauber treffen sich Musikbegeisterte, um zu feiern. Warum bei der Punkrock-Band Kraftklub ein Glücksrad die Liedauswahl bestimmt.
Kraftklub war am Samstag beim Taubertal-Festival auf der Bühne.
Foto: Fabian Gebert | Kraftklub war am Samstag beim Taubertal-Festival auf der Bühne.
Jonas Keck
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:41 Uhr

Bühnenbildner haben auf dem Taubertal-Festival wohl den schwierigsten Job. Denn gegen die Kulisse der Natur können sie kaum ankommen. Umringt von bewaldeten Hängen feierten von Freitag bis Sonntag rund 20 000 Musikbegeisterte auf der Eiswiese in Rothenburg ob der Tauber. Als Hauptattraktion gelten Beatsteaks, Kraftklub und Marteria. Doch bei diesem Festival spielt die Musik häufig auch abseits der großen Bühne.

Linda ist schon ist zum dritten Mal auf dem Taubertal-Festival. Um ihr Handgelenk trägt sie Eintrittsbändchen musikalischer Großveranstaltungen als Beweis dafür, dabei gewesen zu sein. Es sind die Orden ihrer Generation. „Hier ist alles etwas entspannter als auf den großen Festivals“, sagt sie. Und dieses Jahr spiele sogar das Wetter mit. Im vergangenen Jahr regnete es vier Tage ohne Unterbrechung, erzählt sie. Findige Besucher verkauften Gummistiefel aus dem Kofferraum. Dieses Mal baden einige Gäste ihre Füße in der nahegelegenen Tauber. Auf der Tanzfläche bilden sich Staubwolken statt Schlammpfützen.

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Wer sich auf dem Campingplatz verliert, trifft sich auf dem Konzertgelände wieder. Es geht familiär zu. Musikgeschmack und Grillkohle werden gleichermaßen geteilt. Rund 20 000 Besucher sind eben auch deutlich weniger als beispielsweise bei Rock am Ring. Dort nahmen in diesem Jahr mehr als zehnmal so viele Musikbegeisterte teil. Wer im Taubertal den großen Rummel sucht, wird ihn nicht finden. Doch genau dadurch punktet das Festival bei Linda und vielen anderen Gästen.

Am Abend wagen sich die Camper aus dem Schatten ihrer Pavillons und machen sich auf den Weg in das Tal. Nicht jeder will den Kilometer zwischen Zeltplatz und Konzertgelände zu Fuß gehen. Auf Bobbycars stürzten sich in den vergangenen Jahren trotz eines Verbots manche Besucher die asphaltierten Serpentinen ins Tal hinab.

Von Bobbycars, Betonsperren und den Beatsteaks

Am Donnerstagabend fuhr ein 25-Jähriger bei der Eröffnungsparty mit einem solchen Spielzeugauto die Steigung hinunter. Er übersah jedoch trotz Warnrufen eines Ordners eine Betonsperre, an der die rasante Fahrt schmerzhaft endete. Wie die Polizei berichtet, kam der junge Mann mit leichten Verletzungen ins Krankenhaus. Von da an unterband das Sicherheitspersonal die waghalsigen Fahrten.

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Beatsteaks spielten als erste Hauptattraktion am Freitagabend, zu deren berühmtesten Liedern „Hand in Hand“ gehört. Die Alternativ-Rockband um Sänger Arnim Teutoburg-Weiß stammt aus Berlin. Für die Hauptstadt hat Kraftklub hingegen wenig übrig. Mit „Ich will nicht nach Berlin“ erlangten die Punkrocker in der Öffentlichkeit große Bekanntheit. Ein Lied, das einigen Besuchern am Samstag fehlte.

„Vor sieben Jahren waren wir schon einmal hier. Da standen wir noch auf der kleinen Bühne“, sagt Sänger Felix Brummer. Weniger namhafte Bands bekommen dort auch in diesem Jahr die Gelegenheit, ihr Talent unter Beweis zu stellen. Die kleinere Bühne ist wie der Wühltisch eines Plattenladens. Manchmal ist nichts Aufregendes dabei und manchmal macht man einen Glücksgriff.

The Klets aus Belgien ist einer dieser Glücksgriffe. Irgendwo zwischen Rock-?n?-Roll und klassischem Punk sind die Klänge des Quartetts anzusiedeln. Auch wenn sie mit karierten Anzügen, Hosenträgern und Schirmmützen im Stil der 50er-Jahre gekleidet sind, wirken ihre Kompositionen erstaunlich modern.

Die Bühne von André Rieu und das Glücksrad im Einsatz

Die große Bühne mieten sich die Veranstalter des Festivals seit vielen Jahren von dem Violinisten André Rieu, erzählt einer der Helfer. Filigrane Streichinstrumente kamen bei Kraftklub an diesem Abend nicht zum Einsatz. Stattdessen bestimmte ein Glücksrad über den Verlauf des Konzerts.

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„Seht uns an!“, forderte Felix Brummer das Publikum auf. „Unsere Schultern sind zu schmal, um die Entscheidung darüber zu treffen, welche Lieder wir spielen und welche nicht.“ Daher soll der Zufall entscheiden. Ein Fan namens Moritz versetzt das Glücksrad in Schwung. Der Pfeil blieb auf dem Feld für einen Coversong stehen. Moritz hätte sich einen anderes Lied gewünscht. Doch es hätte schlimmer kommen können, denn die Niete wäre eine Zigarettenpause für die Band gewesen.

Mit Pyrotechnik, Wasser und 30 Tänzerinnen

In seinen Songs setzt Kraftklub häufig auf gesellschaftskritische Texte. „Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag. Und ich male alles schwarz. Mit 390 Euro Hartz kommt man nicht weit im Bio-Markt“, sang Brummer nachdem er dazu aufrief, sich gegen Homophobie und Rassismus stark zu machen.

Viele überraschende Aktionen können dem Panorama des Waldes doch noch etwas entgegensetzen. Pyrotechnik heizte der Stimmung ein, der Wasserstrahl aus dem Gartenschlauch auf das Publikum kühlt die Gemüter wieder ab. Rund 30 Tänzerinnen schlüpfen im Hintergrund immer wieder in neue Rollen – mal als Teilnehmerinnen einer Demo, mal als Nonnen.

Für Kraftklub ist es das dritte Konzert an aufeinander folgenden Abenden. Am Sonntag spielte die Band auf einem Festival in den Niederlanden. Und im Taubertal rappte zum Abschluß des Festivals am Sonntag Marteria für die Musikfans zwischen Berg und Tal.

 
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