
Für Oliver Mommsen heißt es derzeit Bühne statt Kamera: Er spielt mit Tanja Wedhorn in der Komödie mit Musik „Eine Sommernacht“, Felix Huber begleitet die Songs und malt Stimmungen. Am 10. Januar gastiert das Team im Theater der Stadt Schweinfurt (die Vorstellung ist ausverkauft).
Oliver Mommsen: Es geht ja darum: Ein Paar erzählt, wie sie sich kennengelernt haben. Es funktioniert mit den beiden, weil sie über das hinausgehen, was normalerweise ihr Leben bestimmt, weil sie es wagen, sich auf ein Abenteuer einzulassen. Ich glaube, es ist für ein intensives Leben eine gute Maßnahme, mal aus seinen Fahrwassern rauszukommen und sich überraschen zu lassen. Das Stück macht Lust darauf zu sagen: „Warum immer alles bis zum Ende durchdenken? Ich bin jetzt auch mal verrückt, ich sag' mal ,ja‘.“
Mommsen: Ich will in erster Linie unterhalten. Ich will nicht erziehen. Mich trieb es bisher auch nicht an, auf Missstände hinzuweisen. Das ist eher die Sache des Autors oder des Regisseurs, und ich bin ein Mosaikstein, irgendwo einfach ein ausführendes Objekt. Wenn zum Beispiel bei den Bremer „Tatorten“ der Finger immer wieder mal aufs Zeitgeschehen gelegt wird, denken wir auch nicht die ganze Zeit: „Oh, wir machen hier was Wichtiges für die Gesellschaft.“
Mommsen: Verkrampft, und auch: Was würde ich mir anmaßen? Man kann den Beruf des Schauspielers auch so sehen, dass man dazu da ist, im Endeffekt die Vision eines anderen umzusetzen. Wenn derjenige Großes damit bewegen will und man Teil des Ganzen ist, ist das okay. Aber ich lauf' jetzt nicht durch die Gegend und will die Welt verändern.
Mommsen: Sehr gerne. Komödie ist eine Timing-Geschichte. Wenn die Pointe nicht an der richtigen Stelle kommt und mit der richtigen Energie, versandet sie. So ist jeder Abend anders. Mal hat man eine Trefferquote von 80 Prozent, manchmal eine von 99, manchmal liegt man bei 70. Es ist eine sportliche Angelegenheit. Alle Gehirnzellen, alle Sensoren stehen auf Alarmbereitschaft. Man ist sehr, sehr wach. Und: Bei der Komödie kann man große Themen anpacken, große Schicksale – aber im nächsten Moment ist man schon wieder woanders, und muss nicht ein Gefühl in die nächste Szene mitschleppen. Es ist wie beim Clown, der auf einer Bananenschale ausrutscht, danach so tut, als sei das nicht passiert und an der gleichen Stelle wieder ausrutscht. Das ist doch eine schöne, naive und gleichzeitig neugierige Haltung, nicht wahr?
Mommsen: Das ist das Schöne. Man ist im Dialog. Du merkst ganz schnell, ob du die Konzentration der Zuschauer hast, und natürlich: Wenn das Ganze mit einer Pointe endet und gelacht wird, ist es ein kleines Erfolgserlebnis, das dich sofort beschwingt. Natürlich muss man auch aufpassen. Es geht ja nicht um aneinandergereihte Witze, es will auch eine Geschichte erzählt werden. Aber da hab' ich die Hüterin des guten Geschmackes an meiner Seite, Tanja Wedhorn, die ein unheimlich feines Gespür dafür hat, wann es albern wird. Und albern wollen wir beide nicht. Sie hat mir beigebracht, dass auch ein Schmunzeln ein Erfolg sein kann.
Mommsen: Wann kriegst du schon eine Figur, an der du seit 14 Jahren rumdoktern darfst, an der schon so lange Leute Spaß haben – Autoren, Regisseure, Redakteure, Zuschauer? In der Kontinuität immer wieder zu überraschen, macht großen Spaß.
Mommsen: Ich finde die Entwicklung hochgradig spannend. „Tatort“ war ja schon immer so gestrickt, dass jeder sich sein Lieblingsteam aussuchen kann. Neulich hab ich im Theater Ulrich Matthes bewundert – der spielte da in „Onkel Wanja“ – und ich hatte diesen „Tatort“ mit ihm als Tukur-Gegenspieler gesehen . . .
Mommsen: Der war gigantisch! Wir drehten gerade in Bremen, als der lief. Ich saß allein in meiner Wohnung und hab' danach applaudiert. Am nächsten Morgen wurde in unserem Team heiß diskutiert. Es gab Leute, die sagten: „Ja, ein toller Film, aber nicht am Sonntag um 20.15 Uhr, das war kein ,Tatort‘“. Das sehe ich ganz anders: Wenn man die Chance hat, zehn Millionen Leute zu erreichen, kann man an den Sehgewohnheiten schrauben. Man kann mal einen klassischen Stoff bieten, man kann die Leute auch ruhig mal überfordern, man kann sie ins Leere laufen lassen oder sie zum Lachen bringen. Ich finde es von der ARD echt gelungen, dass auch experimentiert wird. Da geht natürlich auch mal was schief. Da ist nicht immer für jeden was dabei. Aber es wäre fatal zu sagen: „Alles klar, wir haben unsere alten Teams und das ziehen wir durch.“
Mommsen: Ich glaube ja, dass wir alle dazu aufgefordert sind, ein bisschen unser eigenes Fernsehprogramm zu machen, über die Mediatheken, übers Internet . . . Insofern können Sie Ihr Lieblingsteam immer wieder genießen. Ich hab' eher mein Problem mit den „Tatort“-Wiederholungen. Ich fürchte, es könnte doch auch mal eine Übersättigung stattfinden. In den Dritten Programmen könnte man die Leute schon auch mal in Ruhe lassen mit dem „Tatort“. Damit's auch ein bisschen was Besonderes bleibt.
Mommsen (lachend): Nur in Interviews.
Mommsen: Ist ja nicht schlimm. Also es bestimmt nicht meinen Alltag, nein. Ich seh mich auch nicht aufgefordert, irgendwelche Lichter weiterzutragen. Sollten meine Großeltern durch ihn beeinflusst gewesen sein, ist vielleicht eine homöopathische Dosis bei mir angekommen. Ich bin gesund geschichtsorientiert, schäme mich aber immer noch, dass ich seine „Römische Geschichte“ immer noch nicht gelesen habe. Die steht mittlerweile echt schon peinlich lange auf dem Zettel.
Oliver Mommsen
Geboren wurde Oliver Hans Mommsen am 19. Januar 1969 in Düsseldorf. In Berlin studierte er Schauspiel, absolvierte eine Kamera-Ausbildung in Köln. Es folgten Theater-Engagements. Heute lebt er mit Frau und zwei Kindern in Berlin.
Nach verschiedenen TV-Rollen wurde Oliver Mommsen 2001 für die Rolle des „Tatort“-Kommissars Nils Stedefreund besetzt. Seitdem spielt er die Figur in der ARD-Krimireihe an der Seite von Sabine Postel.
Im Theater der Stadt Schweinfurt ist der Schauspieler am 10. Januar in der Komödie „Eine Sommernacht“ zu sehen. Die Vorstellung ist ausverkauft.