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WÜRZBURG
„T2 Trainspotting“ ist mehr als ein Nostalgietrip
Kinostart - 'T2: Trainspotting'       -  Ewan McGregor als Mark Renton und Ewen Bremner als Spud in „T2 Trainspotting“. Die Fortsetzung des Kultfilms funktioniert erstaunlich gut.
Foto: Sony, dpa | Ewan McGregor als Mark Renton und Ewen Bremner als Spud in „T2 Trainspotting“. Die Fortsetzung des Kultfilms funktioniert erstaunlich gut.
Von unserem Mitarbeiter Martin Schwickert
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:34 Uhr

„Ich werde anständig und sage Ja zum Leben. Ich freue mich schon drauf. Bald bin ich genau wie Ihr“, sagte Mark Renton am Ende von „Trainspotting“. Ein ironisches Versprechen, von dem 1996 niemand so recht glaubte, dass er es wirklich einlösen würde. Schließlich hatte man gerade eine cineastische Achterbahnfahrt hinter sich und war diesem blutjungen Mann, der von dem Newcomer Ewan McGregor gespielt wurde, durch die Abgründe seiner Heroinsucht gefolgt.

Man hatte zugesehen, wie sein Körper auf der Suche nach einem Päckchen Diacetylmorphin in der versifftesten Kloschüssel Schottlands verschwand. Wie er die Wohnungstür vernagelte, seine Bruchbude für den Entzug vorbereitete, um sich kaum eine Minute später auf die Suche nach dem nächsten Schuss zu begeben. Man hatte ein Gespür für die orgiastischen Glücksgefühle eines intravenösen Trips bekommen und für die Macht der Sucht, die den eigenen Willen in sich aufsaugt.

Das alles wurde in diesem wilden, schnellen Film im vollkommen moralfreien Raum verhandelt. Ohne falsches Mitleid. Auf Augenhöhe mit diesen abgefuckten Typen, die als bekennende Situationisten im Hier (Edinburgh) und Jetzt (die 90er) lebten und nicht an die Zukunft dachten. Aber jetzt ist sie da, die Zukunft, in „T2 Trainspotting“, der Fortsetzung des Kultfilms, die zwei Jahrzehnte auf sich warten ließ. Mark, so scheint es, hat seine Drohung wahr gemacht und ist anständig geworden. Früher lief er mit der Diebesbeute unter dem Arm in jugendlicher Rasanz seinen Verfolgern davon. Jetzt rennt er neben all den anderen auf der Stelle – im Fitness-Center auf einem Laufband.

Zurück in Edinburgh

Aus Amsterdam, wo er Software entwickelt hat, macht er sich auf nach Edinburgh, als es mit dem Spießerdasein nicht mehr so funktionieren will. Nicht nur er, auch die Stadt hat sich verändert. Slowakische Hostessen verteilen Willkommensprospekte am Flughafen, und die Innenstadt ist auf europäischem Standard durchgentrifiziert. Aber es gibt auch noch Orte und Menschen, die sich nicht verändert haben. Das Hochhausviertel etwa, in dem Spud (Ewen Bremner) sich einquartiert hat.

Der schlaksige Kerl ist nie weggekommen vom Heroin. Als Mark ihn aufstöbert, hat er sich eine Plastiktüte über den Kopf gezogen, weil er seinem Leben ein Ende bereiten will. Aber nicht einmal das will ihm gelingen. Das Wiedersehen mit Sick Boy (Johnny Lee Miller), der als Zuhälter mit erpresserischem Nebengewerbe seinen Kokainkonsum finanziert, führt innerhalb weniger Sekunden in eine wilde Schlägerei.

Schließlich ist Mark damals mit den 16 000 Pfund aus dem gemeinsamen Drogendeal durchgebrannt. Nicht dass Sick Boy ihm das vorwerfen würde. Er hätte es nur gern selbst gemacht. Kein Vergleich zu der Wut, die der psychopathische Begbie (Robert Carlyle) auf den ehemaligen Komplizen hat. Die letzten 20 Jahre saß er im Gefängnis, wo seine Rachegefühle unter optimalen Bedingungen gedeihen konnten. „Trainspotting“ war ja weit mehr als ein Drogenfilm.

Im Kern ging es um Freundschaft und Betrug. Dieses Motiv nimmt „T2“ in umgekehrter Fließrichtung wieder auf. Am Anfang denken die Betrogenen nur darüber nach, wie sie den Betrüger übers Ohr hauen (Sick Boy) oder ihm alle Knochen brechen können (Begbie). Aber dann steigen aus den Trümmern der Vergangenheit neblige Freundschaftsgefühle auf.

Tourist in der eigenen Jugend

Man muss es Regisseur Danny Boyle und Drehbuchautor John Hodge hoch anrechnen, dass sie dieses Revival nicht in ein Nostalgiefest verwandelt haben. Sie bleiben dem „Trainspotting“-Geist treu, indem sie den Figuren in all ihrer Unzulänglichkeit direkt in die Augen schauen. Dazu gehört auch, dass der Umgang mit der Vergangenheit selbst – die Anekdoten, die Verklärung, die Ernüchterung – zum Thema gemacht wird.

„Ich fühle mich wie ein Tourist in meiner eigenen Jugend“, heißt es an einer Stelle und diese Perspektive wird auch visuell durch verzerrte Erinnerungsschnipsel und Déja-vus fassbar gemacht. Die Mischung aus unterhaltsamem Zusammenprallen alter Bekannter und retrospektiver Reflexion funktioniert überraschend gut und macht „T2“ zu einem würdigen Spät-Sequel, das weit über ein lustiges Klassentreffen hinausgeht.

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