Rund 300 Menschen verfolgten das originelle, humorvolle und klug gewählte Kammermusik-Programm, mit dem Pianist Kit Armstrong und das Ensemble Resonanz beim Kissinger Sommer Staunen machten – ein Abend voll amüsanter und faszinierender Details. Zwar fasst der Max-Littmann-Saal im Regentenbau ein Vielfaches an Besuchern (der Balkon blieb geschlossen), doch die Anwesenden waren begeistert und klatschten die Künstler schon vor der Pause ein zweites Mal auf die Bühne.
Statt symphonischer Großtaten präsentierte man Durchsichtiges von Chopin bis Kagel, das die Instrumente wie durch einen Zoom erlebbar machte. Der 25-jährige Armstrong formte das musikalische Geschehen als gespannte Triebfeder – als Pianist wie als Dirigent vom Flügel aus.
Ironisch und doch lustvoll
Überraschend, wie traulich sich die zwei Konzertwalzer von Johann Strauß Sohn („Wein, Weib und Gesang“, Bearbeitung Alban Berg; „Rosen aus dem Süden“, Bearbeitung Arnold Schönberg) an Mauricio Kagels „Stücke der Windrose“ schmiegten. Obwohl in unterschiedlichen Epochen und Kulturkreisen entstanden, bot beides Unterhaltsames und Tänzerisches, das bei Kagel freilich gebrochener und ironischer (aber nicht minder lustvoll) daherkommt.
Neben Angejazztem hörte man in Kagels „Osten“ etwa eine Menge Klezmer, sehnsüchtig in der Soloklarinette (Richard Haynes) oder als wild klappernden Tanz. Die Perkussion klang, klopfte und klingelte, das Harmonium setzte in Strauß? Wienereien wie in Kagels Klangexperimenten charmante, stets etwas altmodisch anmutende Klangspots.
Raffinierte Klangkombinationen
Diese raffinierten Klangkombinationen kontrastierte man mit Schostakowitschs „Fünf Stücken für zwei Violinen und Klavier“, deren Prélude Barbara Bultmann und Juditha Haeberlin (Violine) mit Armstrong zum hyperromantischen, aber unverkitschten Schmachtfetzen machten.
Stark wirkte auch Frédéric Chopins erstes Klavierkonzert in einer Bearbeitung für Streichorchester. Das rund 20-köpfige Streichorchester spielte ohne romantische Nebelschwaden, klar phrasiert, scharf konturiert und mit bewundernswertem Schönklang. Dass man im Stehen musizierte, förderte den engen Kontakt zwischen Solist und Ensemble, den Armstrong stets suchte und fand – und der sich in der Romanze zur zart tastenden Liebesbeziehung entwickelte. Armstrongs Spiel vermählt analytische Schärfe, pianistische Präzision und Zartgefühl, selbst Doppeltriller und Endlosläufe scheinen ihm jederzeit willkommen.
Mit frappierender Körperbeherrschung schlug er die Kapriolen des Rondofinales, bevor er sich mit William Byrd verabschiedete.