Francis Rossi: Wir sind an harte Arbeit gewöhnt. Es ist heuer sogar etwas weniger. Weil wir älter sind, müssen wir langsamer tun. Ich denke, es ist wie beim Training: Wenn ich nach einer längeren Pause wieder ins Fitnessstudio gehe, fällt's mir anfangs immer sehr schwer. Drum glaube ich, es ist besser, weiterzuarbeiten als immer wieder Pausen zu machen.
Rossi: Traurig, oder? In meinem Alter muss man schon auf seine Fitness achten . . .
Rossi: Nun ja, die Drogen . . . ich bin runter auf ein, zwei Zigaretten pro Tag. Ich nehme keine Drogen, Ich trinke nicht. Sex versuche ich so viel wie möglich zu kriegen – sogar wenn es mit mir selbst sein muss. Ha ha haaa! Aber Spaß beiseite: Ich mag es, mich gesund zu fühlen. Das tut auch der Show gut.
Rossi: Wir versuchen, das etwas zu verkürzen und so etwa eine Stunde 15 zu spielen, aber meistens wird es doch länger. Die Show ist eine körperliche Herausforderung. Ich habe mal mit den Dire Straits bei der „Brothers in Arms“-Tour gespielt. Ich glaube, die hatten 30 Konzerte, bevor sie mal einen Tag frei hatten. Ich dachte: Das geht nicht! Doch als ich mit ihnen spielte, merkte ich, wie easy das ist, weil diese Musik den Körper nicht fordert. Oder wenn ich Bands wie „Oasis“ sehe: Da geht's nur drum, rumzustehen und gelangweilt zu schauen. Mit Status-Quo-Musik geht das nicht. Da muss der ganze Körper mitmachen. Das begriff ich, als ich jünger war und Leute wie Little Richard sah. Schauen Sie sich einen Clip von ihm aus den 50er oder 60er Jahren an: Da steckt eine Energie dahinter, die noch immer funktioniert.
Rossi: Ich denke schon. Das war ja ein Teil jener Zeit. Aber jede Generation ist rebellisch. Die Jungen kämpfen immer irgendwie gegen den Lauf der Dinge.
Rossi: Wenn wir live spielen, denke ich nicht: Wow, ist das jetzt aber rebellisch. Aber die Rebellion lag nie allein in der Musik. Es war ein allgemeines Lebensgefühl.
Rossi: Es ist jedes Mal anders. Du suchst immer nach dieser perfekten Performance – deswegen, glaube ich, spielt man immer wieder für Publikum. Wenn wir bei Proben „Rockin' all over the World“, „Caroline“ oder „Down down“ spielen, hat das irgendwie keine richtige Bedeutung. Aber wenn du das vor Leuten tust und ihre Energie fühlen kannst und ihre Gefühle, wenn du in ihre Gesichter siehst, dann ist das jede Anstrengung wert.
Rossi: Viele aus der älteren Generation bringen ihre Kinder mit. Und uns hilft das Internet. Man kann viel dagegen sagen – es hat den Plattenmarkt kaputt gemacht –, aber es hat doch eines geschafft: Junge Leute können sich auf YouTube Clips anschauen und sich ihre eigene Meinung bilden. Früher gab's einen gewissen Druck auf die Plattenkäufer. Man gab sein Geld nicht für etwas aus, das als uncool galt. Auch Status Quo waren eine Zeit lang uncool oder die Bee Gees. Selbst wenn's die Leute gemocht hätten, hätten sie's nie zugegeben, weil es schlecht für ihr Image gewesen wäre. Diesen Druck gibt es nicht mehr in diesem Maß. Die Leute sehen Clips von Status Quo – alte und aktuelle. Und wenn sie unsere Musik mögen, kommen sie in unsere Konzerte. Also: Ja, wir haben auch jüngere Zuhörer. Das heißt aber nicht, dass junges Publikum wertvoller ist. Denn das würde ja bedeuten, dass Musik nur für junge Leute da ist.
Rossi: Sie meinen: Unsere Musik hat Sie alt gemacht (das Grinsen ist fast durchs Telefon hörbar). Ich mache zwar Witze drüber. Aber eigentlich ist es seltsam, wie wir mit dem Alter umgehen. Es wird immer so getan, als sei es etwas Falsches, alt zu sein, als sei Jungsein das einzig Wahre. Aber wer nicht alt wird, stirbt jung. Ich glaube, wir sind dazu geboren, alt zu werden. Das ist gar nicht schlimm. Der Körper mag langsamer werden. Dafür kann man sich besser auf den Geist zurückziehen.
Rossi: Ich war nie gut in Poesie und nie ein großer Leser – nicht viel Schulbildung. Ich achte vor allem auf den Klang eines Wortes und darauf, wie es zur Musik passt. Dann versuchst du, den Rest des Songs drumherum zu schreiben, und hoffst, das Ganze kriegt auch einen Sinn. Wenn ich an einige Dinge aus den 50ern denke, „Be-bop-a-lula“ oder „Doo wah diddi dum“ – was, the Fuck, ist das? Aber es klingt gut! Da gibt es diesen Abba-Song (singt „I don't wanna talk about the Things we've gone through . . .“), da geht's um Scheidung und so. Damals gab es eine Menge Leute, die sich scheiden ließen und für die das eine Bedeutung hatte. Aber: Ohne diese liebliche Melodie wäre es lediglich eine Geschichte. Wenn Sie die lesen, würden Sie denken: So what? Für mich muss eine starke Beziehung zwischen dem Wort und der Melodie bestehen. Beides zusammen muss die Leute ansprechen.
Rossi: Es gibt eine Menge, die ich mag: „Claudie“ aus dem Album „Hello“, „Electric Arena“ aus „In Search Of The Fourth Chord“ oder „All we really want to do“ aus „Rock 'til You Drop“. Oft ist es so, dass andere die Songs nicht gut finden, von denen ich glaube, sie seien etwas Besonderes. Ich mochte „Marguerita Time“ – viele mögen das nicht – und „In the Army now“ – auch das mögen viele nicht.
Rossi (seufzt theatralisch): Ich liebe „Marguerita Time“. Rock-Fans mögen den Song vielleicht deswegen nicht, weil er nicht zu ihrer haarigen Erscheinung passt. Ich kann mich in jede Art von Musik verlieben, die mich fesselt. Da kann ich nichts dagegen machen. Ich mag italienische Oper, ich mochte die Bee Gees, ich mochte Jeff Lynne, auch wenn das alles angeblich nicht cool war. Ich mochte Abba. Als ich das mal erzählte, meinte einer von der Plattenfirma: „Sag das besser nicht. Es schadet deinem Image.“ Das ist doch albern! Wenn mir was gefällt, ist es mir egal, ob es zu meinem Image passt.
Rossi: Vielleicht noch ein paar Jahre? Ich weiß nicht. Ich würde schon gerne langsamer machen oder eine Pause einlegen. Ich werde in ein paar Jahren 65. Andererseits: Wir haben weitergespielt, als wir 30 waren – dabei hatten wir mit 22 gedacht, mit 30 wären wir zu alt dafür. Und als ich 30 war, schien 40 nicht möglich . . . Ich blicke immer auf die Rolling Stones. Onkel Mick und Onkel Keith spielen ja auch noch. Also ich weiß wirklich nicht, wie lange es weitergehen wird.
Francis Rossi und Status Quo
Als Sohn eines italienischen Eisverkäufers und einer irischen Mutter wurde Francis Dominic Nicholas Michael Rossi am 29. Mai 1949 in London geboren. In der Band wird er gerne „The Gomorr“ genannt – The grand old Man of Rock and Roll (der große alte Mann des Rock 'n' Roll). Der Sänger und Leadgitarrist von Status Quo wirkt auf der Bühne und im Interview extrovertiert und witzig. Privat meidet er – laut Homepage – gesellschaftliche Anlässe lieber und bleibt zu Hause. Der Vater von acht Kindern lebt mit seiner zweiten Frau Eileen in Surrey. Hobbymäßig sammelt er Koi-Karpfen. Er ist Träger des Order of the British Empire.
Status Quo entstand aus einer Londoner Schülerband, die sich 1962 um Rossi und den Bassisten Alan Lancaster bildete und sich zunächst The Scorpions, später The Spectres nannte. 1964 kam John Coghlan als Schlagzeuger dazu. Ab 1967 nannte sich die Band Status Quo. Als zweiter Gitarrist stieß Rick Parfitt zu der Gruppe. Die Rossi-Komposition „Pictures of Matchstick Men“ wurde 1968 zum ersten Hit. In den 80er Jahren kam es zur Trennung. Rossi und Parfitt blieben als Kern der Gruppe zusammen.
Die Band zählt heute zu den erfolgreichsten und langlebigsten Rockgruppen. Insgesamt hat Status Quo 28 Studioalben und fast 100 Singles veröffentlicht. Zu den Hits zählen „Caroline“, „Down down“ und „Whatever you want“. Ihre Version von „Rockin' all over the World“ ist bekannter als das Original von John Fogerty (Creedence Clearwater Revival). Bis heute tourt die Band unermüdlich und gibt jährlich an die 100 Konzerte. 30 Jahre nach ihrer Trennung gehen die Gründungsmitglieder von Status Quo wieder gemeinsam auf Tour. Für März 2013 seien fünf Konzerte in Großbritannien geplant, teilt die Band auf ihrer Homepage mit. Die aktuelle Tour bestreitet die Band in der seit Jahrzehnten bekannten Besetzung: Rossi, Parfitt, John Edwards (Bass),Matt Letley (Schlagzeug) Andy Bown (Keyboards). In Deutschland sind diese Konzerte angekündigt: 8. November Kleine Olympiahalle München; 9. November Donau Arena Regensburg; 10. November Jahrhunderthalle Frankfurt; 11. November Porsche Arena Stuttgart; 14. November Tempodrom Berlin; 16. November Palladium Köln; 17. November Sparkassen Arena Aurich. Text: hele