zurück
SOMMERHAUSEN
Sommerhaus: Das ergreifende Schicksal eines taubblinden Mädchens
Von unserer Mitarbeiterin Julia Scheuermann
 |  aktualisiert: 10.05.2013 16:04 Uhr

Helen lebt in einer Welt, die eine Nichtwelt ist. Denn als blindes, taubes und dadurch auch stummes Kind kann sie sich ihrer Umwelt nicht mitteilen, weiß nicht einmal, ob sie vorhanden ist. Wie wichtig Sprache für den Menschen ist, erlebten rund 70 Zuschauer bei der Premiere von „Licht im Dunkel“ im Sommerhäuser Theater Sommerhaus. Das Schauspiel von William Gibson, unter der Regie von Anne Hansen, nahm das Publikum mit auf eine eineinhalbstündige Gefühlsreise.

Das Stück, basierend auf dem Leben der amerikanischen Schriftstellerin Helen Keller, erzählt den beschwerlichen Weg der siebenjährigen Helen Ende des 19. Jahrhunderts, der aufgrund ihrer Behinderung von Wut und Frustration geleitet ist. Ist Helen dumm – wie der Vater meint – oder denkt und fühlt sie genauso wie jedes andere Kind?

Getrieben von Mitleid und Bedauern tut die Familie alles, das Mädchen zu beruhigen, stopft sie deswegen mit Essen voll, statt ihr etwas beizubringen. Genau das will die neue Lehrerin Annie, mitreißend gespielt von Ana Dyulgerova, unterbinden. Ehemals selbst blind stellt sie die Familie vor große Herausforderungen. Annie will Helen fördern, erziehen und Gehorsam beibringen. Unnachgiebig zeigt sie sich dabei. Das bringt die Familie an ihre Grenzen. Denn als Folge der Erziehungsmaßnahmen gibt es minutenlanges Gerangel, umgeworfene Stühle, Ohrfeigen und gewaltsames Festhalten. Manchmal ergreifend, manchmal erschreckend erlebt der Zuschauer den Kampf Helens mit.

Mascha Obermeier poltert als Helen über die Bühne und zeigt eine überzeugende und großartige Leistung. Mit Unterstützung des Würzburger Blindeninstituts lernte sie das Gebaren einer Blinden und das Fingeralphabet. Mit viel Engagement spielt sie das taubblinde Mädchen, bringt vollen Körpereinsatz und fällt keine Sekunde aus ihrer Rolle.

Helen lernt, dass jeder Mensch und jedes Ding einem Wort zuzuordnen ist und jedes Wort wiederum aus Buchstaben besteht, die sie mit Hilfe ihrer Hände beschreiben kann. Bedrängend aber auch hoffnungsvoll stimmen die Berührungen Helens in Annies Gesicht, wenn sie durch Abtasten von Mund und Wangen erforscht, ob diese lieb und böse gestimmt ist.

„Licht im Dunkel“ zeigt in kurzen Episoden die verschiedenen Entwicklungsstufen der Familie, lässt die Zuschauer Helens Frust ebenso erleben wie die Resignation und das Unverständnis der Familie und setzt die Hoffnung in Szene. Überzeugend hier Brigitte Obermeier als Mutter, die die positiven Veränderungen gekonnt transportiert. Ergänzt werden diese durch den Frust und die Sticheleien des Halbbruders (Johannes Holubar) und die Hilflosigkeit des Dienstmädchens (Sylvia Oelwein). Hin und wieder lockert Humor die Atmosphäre auf und zeigt die Schwächen der Charaktere überdeutlich. Horst Kiss als Vater sticht hierbei besonders hervor.

Die Schauspieler lieben das Stück – und das merkt man auch im Zuschauerraum. Das Publikum zeigte sich begeistert und dankte dem Ensemble mit viel Applaus und Bravo-Rufen.

Nächste Aufführungen: 15., 18., 19. und 22. Mai, Kartenvorverkauf unter: Tel. (0 93 33) 9 04 98 67.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Brigitte Obermeier
Helen Keller
Mascha Obermeier
Schauspiel
Schicksal
Taubblindheit
Theater Sommerhaus
William Gibson
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen