Zwei Kabarettisten gleich doppelte Schärfe, doppelter Spaß? Die Rechnung ging durchaus auf am Aschermittwochabend. Traditionell will die Kleinkunstszene ja den Fastenzeit-Auftakt satirisch nicht ganz den draufhauenden und dreindreschenden Politikern in Passau und anderswo überlassen. Und so gab's im Würzburger Bockshorn ein Gastspiel mit Doppelbesetzung aus Leipzig. Simone Solga, dort großgeworden und einige Jahre Pfeffermühlen-Akteuse, und Mathias Tretter, Wahlleipziger mit unterfränkischem Migrationshintergrund, traten an.
Zwei Kabarettisten also – und quasi ein doppeltes Best-Of aus den aktuellen Programmen. Wer Tretter im vergangenen Jahr bei seinen „Selfie“-Auftritten gesehen hatte, kannte das meiste. Aber zum Glück ist der Tarifkonflikt bei der Bahn noch nicht gelöst, und die Lokführer wollen wieder streiken. Also kann Tretter mit seiner Nummer über die Paviane aus der ersten Klasse und die bewundernswerte Gelassenheit von Schaffnern („Die Bahn ommt“) noch punkten.
Auch Simone Solga geht thematisch aufs Gleis. Über Verspätungen müsse man sich nicht wundern: „Wenn sich ein Immobilienkonzern wie die Bahn so ein krudes Hobby leistet wie Leute befördern!“ Solga, selbst ernannte Souffleuse von Angela Merkel, ist bekanntlich „Im Auftrag der Kanzlerin“ unterwegs. Und weiß zu berichten: Die nächste Währung wird Fiasko heißen. Ein Fiasko hat 100 Debakel. „Wer soll die Eulen sonst wieder aus Athen tragen?“
Heftige Buhs aus dem Saal
Die 51-Jährige, im vergangenen Jahr mit dem Deutschen Kabarett-Preis und heuer dem Salzburger Stier geadelt, biedert sich bei ihrem Würzburger Publikum nicht – wie aschermittwochs oder in jeder Talkshow die Politiker mit ihrem „grundierten Fundwissen“ – an. Im Gegenteil. Das Thema Meinungs- und Satirefreiheit demonstriert Solga an einem Herrn aus Reihe eins, den man fast bedauern mag. „Zum Lächeln hat der Franke nicht die anatomischen Ressourcen“, zotet Solga, der volle Saal antwortet mit heftigen Buhs.
Und Mathias Tretter schlägt derweil vor, mit den Flüchtlingen den ausgestorbenen deutschen Osten wiederzubesiedeln. „Wenn die Neonazis erst mal in der Unterzahl sind, läuft ihnen die braune Gesinnung die Oberschenkel runter.“ Auch Würzburg habe seine Terrorszene. Als Franken getarnt, planten die Islamisten bei Silvaner und Gerupftem – Augenzwinkern – in der Weinstube Halbleib – Augenzwinkern – den nächsten Sprengstoffanschlag. „Mehr Toleranz“, fordert der 42-jährige Würzburger da. „Schiit happens.“
In Wortgewandtheit, Scharfzungenkunst und Rasanz nehmen sich Solga und Tretter nichts. Nach zwei vollen Stunden ist Schluss: „Ein Drittel von ihnen muss ja morgen doch wieder arbeiten.“