So angeregt diskutieren sieht man das Kissinger Sommer Publikum nur, wenn vorher zeitgenössische Musik erklang. Eingebettet zwischen Carl Philipp Emanuel Bachs aufmüpfigem Konzert für Hammerklavier und Orchester d-Moll und Mozarts historisch einschneidender 39. Sinfonie in Es-Dur präsentierte das aufregend intensiv spielende Ensemble Resonanz mit dem dynamischen Dirigenten Riccardo Minasi und dem eindrucksvollen Pianisten Alexander Melnikov das Konzert für Klavier und Orchester von und mit dem Komponisten Johannes Harneit. Der 1963 geborene Tonschöpfer dirigierte im Max-Littmann-Saal des Regentenbau selber.
Schade eigentlich, dass Harneit nicht die Chance nutzte, vorab etwas zu berichten über seine Ideen beim Komponieren. Wenige Zuhörer hatten sich informiert, der Rest stöhnte, ächzte und jammerte – leider! Dabei fügte sich das Werk exzellent in den Programmabend mit dem Motto „Wurzeln und Äste der Wiener Klassik“ ein. Hörte man doch immer wieder Zitate alter Meister in Harneits dreisätzigem Werk. Es erzeugte zuweilen eine enorme orchestrale Wucht und spielte zugleich mit vereinzelten, sanften Instrumentenberührungen. Beispiellos wie Harneit, das Ensemble Resonanz und Melnikov ein spannendes Klangoeuvre bei dieser zweiten Aufführung des Werkes überhaupt. Die erste war in der Elbphilharmonie. Es war ein sinnlich anregender, manchmal auch ein aufregend verstörender Spaziergang durch zwei Klangwelten-Jahrhunderte für zwei Konzertbesucher-Typen: Anhänger tonaler und zeitgenössischer Musik.