
In Hollywood bekam der dreifache Oscar-Gewinner für seinen brisanten Polit-Thriller einen Korb. Ausgerechnet in Bayern erhielt Oliver Stone künstlerisches Asyl und Fördergeld für sein Porträt über den Whistleblower Edward Snowden. Stone erzählt die Geschichte jenes jungen Mannes, der sich von 2004 bis 2013 vom strammen Patrioten zum Verräter aus Gewissensgründen entwickelte. Ursprünglich träumte Snowden davon, Soldat einer Eliteeinheit zu werden und in den Irak-Krieg zu ziehen. Während der knochenharten Ausbildung brach er sich aber beide Beine, die Kämpferkarriere ging abrupt zu Ende. Der gelernte Informatiker heuert beim Geheimdienst an. Snowden hat Talent und steigt schnell auf.
Den Gegenpol zur nimmersatten Datenkrake NSA erlebt Snowden bei seiner neuen Freundin Lindsay, die sich als leidenschaftliche Vertreterin liberaler Werte erweist. Ihm selbst kommen zunehmend Zweifel bei seiner Arbeit. Je mehr Snowden erfährt, mit welchen umfassenden Methoden die NSA unfassbare Mengen an Daten sammelt, desto größer werden nicht nur die Zweifel an seiner Arbeit, sondern auch seine Gewissenskonflikte nehmen zu. „Terrorismus ist nur die Ausrede. Es geht um Kontrolle“, heißt es einmal im Film.
Nicht nur das Leben von Snowden veränderte sich
Für dessen Helden wird zunehmend klar: Er muss die Aktivitäten der staatlichen Schnüffler an die Öffentlichkeit bringen. Sein Einsatz ist enorm. Das Leben des 29-Jährigen hat sich radikal verändert. Doch auch für das politische System wird nichts mehr so sein wie zuvor.
Oliver Stone erzählt seine Geschichte nicht chronologisch. Zum Auftakt inszeniert er das konspirative Treffen des Agenten mit der Dokumentarfilmregisseurin Laura Poitras sowie Journalisten in Hongkong. In Rückblenden wird danach die Vorgeschichte aufgerollt, durch die Snowden als Erzähler aus dem Off führt. Wer einen brav bebilderten Wikipedia-Eintrag erwartet, sieht sich glücklicherweise enttäuscht. Die Betriebsbesichtigung bei CIA und NSA sowie die Abhöraktivitäten und deren Verrat präsentiert Stone als Spionage-Thriller, der visuell einfallsreich und temporeich daherkommt.
Vor allem aber interessiert sich Stone für das Psychogramm des jungen Whistleblowers, der die politische Welt nachhaltig veränderte. Mit Joseph Gordon-Levitt hat er einen Hauptdarsteller, der den gebrochenen Helden mit überzeugender Wahrhaftigkeit verkörpert. Smart und dabei doch schrullig. Naiv und zugleich raffiniert: • • • • ο
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