
Sean Connery ist einer der größten Filmstars der Welt – und er ist nicht zu sprechen. „Sean ist im Ruhestand und hat gebeten, dass wir alle Medienanfragen ablehnen“, antwortet eine Sprecherin routiniert auf die Bitte um ein Interview. Seit Jahren hat sich der James-Bond-Star weitgehend zurückgezogen, auch zu seinem 85. Geburtstag am Dienstag (25. August) lässt er nichts von sich hören.
Er mischte sich nicht mal ein, als die Schotten vergangenen Herbst über ihre Unabhängigkeit abstimmten – eigentlich eine Herzensangelegenheit für den Patrioten aus Edinburgh, der in den frühen 90ern in Schottlands Nationalpartei SNP eintrat und dessen Autobiografie „Mein Schottland, mein Leben“ heißt. Als Grund für das Schweigen nannte sein Bruder drohende Probleme mit der Steuer: Weil Connery die in Großbritannien nicht zahlt, darf er sich nur eine begrenzte Zahl von Tagen im Jahr dort aufhalten. Die Schotten spekulierten, der Schauspieler sei zu krank. Was sein Bruder wiederum bestritt: Sean habe einfach viel zu tun.
Fest steht, dass der Schotte in den vergangenen Monaten verschiedene Einladungen in die Heimat ausgeschlagen hat, wo ihn viele seiner Landsleute naserümpfend als Steuerflüchtling bezeichnen, weil er auf den Bahamas residiert. Er werde erst zurückkehren, wenn das Land unabhängig sei, soll er mal gesagt haben.
Sir Thomas Sean Connery hat eine Karriere gemacht, wie das Kino sie liebt: in einfachen Verhältnissen aufgewachsen, mit 13 die Schule verlassen, mit 16 zur Marine, wegen Magenproblemen nach einer Weile ausgemustert. Groß gewachsen und athletisch, jobbte der junge Connery dann als Model, Bodybuilder und Rettungsschwimmer, wurde Dritter bei der Wahl zum „Mister Universum“ und kam schließlich zum Film, wo er als Geheimagent 007 Kinogeschichte schrieb. „Meine Füße sind müde, aber mein Herz ist es nicht“, sagte er vor einigen Jahren. Und dieses Herz schlägt für seine schottische Heimat, er wurde 1930 in Edinburgh geboren und setzt sich für die Unabhängigkeit Schottlands ein. Connerys Autobiografie, 2008 erschienen, heißt „Being a Scot“, auf Deutsch erschienen als „Mein Schottland, mein Leben“.
Mit 16 ließ er sich das Tattoo „Scotland Forever“ (Schottland für immer) stechen. Und natürlich trug er einen Kilt, als ihn die Queen im Jahr 2000 zum „Sir“ adelte.
„Gestatten mein Name ist Bond, James Bond“ – so präsentierte sich Sean Connery 1962 erstmals als Geheimagent 007, aktiv „im Dienste Ihrer Majestät“. Der Spruch war Auftakt für spannende, actionreiche, auch surreale Kinoabenteuer. Der unerschrockene Held, den Gefahren ebenso faszinierten wie schöne Frauen und schnelle Autos, wurde durch Connery zum Mythos, von „James Bond jagt Dr. No“, „Liebesgrüße aus Moskau“, „Goldfinger“, „Thunderball“ und „Diamantenfieber“ bis hin zu „Never Say Never Again“. „James Bond jagt Dr. No“ war die erste von etlichen Ian-Fleming-Verfilmungen – und Connerys erster Flirt mit einem „Bond-Girl“, hier verkörpert von Ursula Andress. Gewandt und reaktionsschnell, mit einem Touch Brutalität, so gestaltete Connery seinen Helden. Er begründete damit ein eigenes Genre, den Bond-Film.
Für Agent 007 war die Rettung der Welt nie ein Problem. Lässig trickste Bond die international agierenden Bösewichte aus, ob sie nun Blofeld, Chiffre, Goldfinger oder Largo hießen, und setzte ihrem bisweilen nuklear untermauerten Größenwahn ein Ende. In seinem siebten und letzten Bond-Film, „Never Say Never Again“ (1982), dem Remake von „Thunderball“, spielt Connery den 007 mit viel Selbstironie: James Bond als in die Jahre gekommener und verwundbarer Mann, der lieber mit schönen Frauen tanzt als mit einem Düsenmotorrad durch die Luft saust. Aber auch nach Bond blieb Connery „The sexiest Man alive“, wie ihm das Magazin „People“ 1989 attestierte – der attraktivste Mann der Welt. Da war das Geheimagenten-Image für ihn längst Nebensache. „James Bond ist nur ein Teil meiner Geschichte“, hat er immer wieder betont.
Schon früh hatte der Schauspieler auch auf andere Rollen bestanden, etwa in Alfred Hitchcocks „Marnie“ (1964), „Die Brücke von Arnheim“ (1977), „Mord im Orientexpress“ (1974) und in dem Robin-Hood-Abenteuer „Robin und Marian“ (1976). Mit ihnen profilierte er sich als Charakterdarsteller. Connery lebt mit seiner zweiten Frau, der Malerin Micheline Roquebrune, zurückgezogen auf den Bahamas. Aus erster Ehe hat er einen Sohn. Eine seiner Leidenschaften ist das Golfspiel – ein Sport, den er für „Goldfinger“ gelernt hatte. „Was ich am Golf besonders mag: Man kämpft die meiste Zeit gegen sich selbst. Und man braucht viel Geduld. Wie für die Schauspielerei“, sagte er einmal.
Dass Connery mit zunehmenden Jahren an Präsenz noch gewann, liegt an der uneitlen Selbstsicherheit und dem altersweisen Witz, mit denen er seine Rollen gestaltete.
Dazu gehört der Part des detektivischen Franziskanerpaters in Jean-Jacques Annauds „Der Name der Rose“ (1986) und des kauzigen Forschers und Harrison-Ford-Vaters in Steven Spielbergs Abenteuerklassiker „Indiana Jones“. Es sind Rollen darunter, die ihn als widerspenstigen, gebrochenen oder nachdenklichen Mann in einer reinen Männergesellschaft zeigen, so als Cop in Brian De Palmas Mafiathriller „Die Unbestechlichen“ (1987). Hierfür erhielt er seinen einzigen Oscar. Der intelligente Eigenbrötler ist Connerys Alters-Paraderolle. Und er präsentiert sie in immer neuen Variationen. In Gus van Sants „Finding Forrester“ (2000) spielt er umwerfend bissig und komisch einen zurückgezogenen Sonderling, der widerstrebend zum Mentor eines begabten farbigen Jugendlichen wird und dabei aus seiner Einsamkeit herausfindet. Als kauziger Verbrecherjäger war er 2003 in seinem bis dato letzten Spielfilm zu sehen: „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“. Kaum eine Frage wird ihm seitdem so häufig gestellt wie die, ob er nicht doch mal wieder in einem Film mitspielen wolle. Und er hat meist geantwortet: Wenn ihn denn etwas locken könnte, dann ein weiterer Indiana-Jones-Film. Aber: „Der Ruhestand macht einfach zu viel Spaß.“
Operationen und Krebsbehandlung
„Er war brillant“, urteilt Bond-Darsteller Pierce Brosnan in einer Hommage der BBC zu Ehren des 85. Geburtstags. „Lieblings-Bond? Sean Connery, keine Frage“, sagt Star-Wars-Regisseur George Lucas. Bemerkenswerterweise hatte Bond-Erfinder Ian Fleming Connery zunächst als 007-Darsteller abgelehnt, seinen Helden dann aber extra für ihn zum Halb-Schotten umgeschrieben.
Er hat diverse Operationen und mindestens eine Krebsbehandlung überstanden. Wie es ihm geht, weiß niemand so genau – er sagt es schließlich keinem. In aller Munde sein wird Connery demnächst trotzdem wieder. Dann kommt mit „Spectre“ ein neuer Bond in die Kinos. Daniel Craig trägt darin einen weißen Smoking. Wie einst schon Connery, wohl für immer der Bond aller Bonds. Text: epd/dpa