Ein wahres Meisterstück gelang Andreas Mildner beim 1. Sinfoniekonzert in der Hochschule für Musik mit seiner Zugabe: Isaac Albéniz' Serenata ("Granada") aus der Suite Espagnole gehört seit langem zum Repertoire des bekannten Harfenisten. Doch Mildners Interpretation an diesem Abend gehörte zweifelsfrei mit zu den reifsten, die auf Konzertpodien geboten werden, egal ob in der Originalfassung (Klavier) oder in Transkriptionen. Mit seiner völlig ruhigen, geradezu transzendenten, von allen übertrieben Gebärden spanischer Gestik befreiten Sichtweise legte er die Musik wie einen fein gewebten Schleier übers Publikum.
Mitreißender Abschluss
Zuvor hatte Mildner, Professor an der Hochschule, bei seinem "Heimspiel" mit Alberto Ginasteras Konzert für Harfe und Orchester als Solist überzeugt. Unter der Leitung von Generalmusikdirektor Enrico Calesso gab er mit dem Philharmonischen Orchester diesem schillernden Werk alles, was es fordert: Feine und hoch empfindsame Virtuosität, romantischen Schmelz und silbriges Funkeln, Farbenpracht und galoppierende Motorik.
Umfangreich und lateinamerikanisch geprägt ist der Perkussionsapparat, der den Einsatz von fünf Musikern fordert. Spannungsvoll bauten sich Dialoge auf, etwa zwischen Soloharfe und den Holzbläsern. Immer wieder kosteten die Musizierenden ganz zauberhafte Instrumentenkombination wie Harfe und Glockenspiel aus, immer in absolut perfektem Zusammenspiel. Elfenhaft, auch düster und magisch kann das klingen, wenn Mildner in ruhiger Selbstverständlichkeit ganz behutsam metallene oder wohlig-warme Klänge produziert oder Arpeggien und Glissandi wie Schaumkrönchen auf Wellen spielen lässt. Tänzerisch ging es ins Finale, auch Calesso hatte sichtbar Gefallen daran, lieferte mit seiner lockeren, dennoch bestimmten Gestik einen mitreißenden Abschluss.
Dämonische Kämpfe zwischen magischen Urgewalten
Begonnen hatte der Abend wie aus dem Nichts, aus einem düster brodelnden Klangnebel: So entfaltet sich "Sciliar" (Schlern), eine zeitgenössische Komposition des Italieners Giorgio Batistelli. Hatte Enrico Calesso zuvor über das Verhältnis zwischen Mensch und Natur reflektiert und die Besonderheit der Geräuschentwicklung rund um den Berg Schlern angedeutet, wurde letztere nun zum musikalischen Ereignis: Fauchen und Wirbeln, dämonische Kämpfe zwischen magischen Urgewalten, krachende Entladungen waren zu hören, dann die Beruhigung und ein Gleiten in den offenen, weiten Schluss. Sehr gut einstudiert war das, die Abstimmung innerhalb des Orchesters perfekt, fein die Abstufungen und Mischungen.
Beethovens Sinfonie Nr. 6 in F-Dur beschloss den Abend, vollendete damit den Rahmen "Natur" und wurde zu einer wahren Huldigung. Calesso ging es sehr, sehr ruhig an, und alle Mitwirkenden bewahrten diese Ruhe durchgängig. Viel Wert legte der Dirigent auf Details, spannte mit großer Erzählkunst weite musikalische Bögen, stellte enorme Transparenz her. So wurde die "Pastorale" zum wahren Genuss-Spaziergang durch ein Idyll.