
Der Schauspieler Siegfried Rauch gab von 1999 bis 2013 den ZDF-„Traumschiff“-Kapitän und gibt alle Jahre wieder, zur Weihnachtszeit, vor großem Publikum den alten Mann vom Berge, der von seiner weit, weit zurückliegenden Kinderzeit berichtet, als man noch „Blattgold für ein paar Kreuzer vom Krämer“ kaufen konnte.
Die Suggestionskraft seiner Stimme reicht locker hin, um der bis zur Empore voll besetzten Würzburger St. Johanniskirche klarzumachen: Der Schauspieler, die Rolle, das Kind sind eine Person, und die sitzt vor dem Altarraum und spricht aus Dichtung und Wahrheit.
Mit milder Ironie
Siegfried Rauchs Geschichten handeln von Gegensätzen: zwischen Arm und Reich, Land und Stadt, Bayern und Hollywood. Dabei dienen ihm nicht allein biedere Dorfgeschichten aus der Zeit um 1900 als Vorbild. Der Erzähler lässt in der sozialen Frage auch schon mal die engagierte Haltung eines Oskar Maria Graf anklingen. Sein Humor lässt hin und wieder die milde Ironie eines Ephraim Kishon walten.
Das Programm ist eng getaktet: Fünf Minuten erzählen oder vorlesen, dann zwei Musikstücke der vierköpfigen Familie Servi, des Tenors Sandro Schmalzl oder eines Tegernseer Alphorntrios.
Rund 30 Programmpunkte unterhalten jeden Freund des Weihnachtsfests aufs Beste. Doch man fühlt sich nicht nach jeder Nummer verpflichtet zu klatschen – das ist der Vorteil einer Kirche als Veranstaltungsort. Ob heitere Legende aus Bethlehem, ob ein Weihnachtsbesuch beim Schauspielkollegen Steve McQueen („wir waren uns sehr ähnlich“) in Beverley Hills –, stets trifft der Geschichtenerzähler den typischen Rauch-Ton. Dabei ist der 84-jährige an diesem Sonntagnachmittag keineswegs bei allerbester Gesundheit, klingt etwas verschnupft, setzt seine Atempausen nicht immer an erwartbarer Stelle.
Aber bei einem Eintrittspreis von 25 bis 30 Euro weiß Gaststar Siegfried Rauch, was er seinem Publikum schuldig ist und legt stets den nötigen Druck in seine Stimme, senkt sie auch mal kurz ab, hat es ansonsten aber nicht nötig, übermäßig viele Register seines ausgebildeten Organs zu ziehen. Mit einem gemeinsamen „Stille Nacht“ entlässt er seine hingegebene Zuhörerschaft in den frühen Abend des vierten Advent.