Schuberts „Winterreise“ beim Kissinger Sommer im voll besetzten und mehr als wohl temperierten Rossinisaal heizte allen ein. Sowohl den Klanghypnotiseuren Simon Bode (Tenor) und Igor Levit (Klavier), als auch den enthusiastisch klatschenden Zuhörern, von denen es einige von den Plätzen riss.
Wie fesselnd die „Winterreise“ in der Originalfassung ist, die der 31-jährige Franz Schubert 1828 noch auf dem Sterbebett für den Druck korrigierte, zeigten die beiden Ausnahmekünstler Levit und Bode. Kein Pathos, kein Glamour, kein Getue sondern feinste Werkkenntnis und beste Übereinstimmung prägten dieses Sonntagsnachmittagskonzert mit Schuberts melancholischen, verzweifelten und gelegentlich hoffnungsschimmernden Weisen nach dem 24-strophigen Gedichtzyklus von Wilhelm Müller.
Ja, das Werk stellt die Lebenssinnfrage. Wohin geht letztendlich die Reise? Wer weiß das schon? Doch lebens- und hörenswert ist sie allemal, wenn Schuberts Winterreise so erklingt. Bode und Levit gelang es mit technischer Brillanz und gefühlvollsten Klangspektren den Spannungsbogen zu halten vom ersten Satz „Fremd bin ich ausgezogen“ bis zum letzten Vers „Willst zu meinen Liedern deine Leier drehn?“. Jeder Ton ein Fest, bis zum unausweichlichen Ende.
Als Zugabe Bachs Lied „Bist du bei mir, geh‘ ich mit Freuden zum Sterben“. Wieder das Winterreise-Thema, doch diesmal in hoffnungsvollen, ergebenen Klangfarben vertont vom genialen Duo Bode und Levit.