Sie traf mit Sicherheit die falschen Töne, verlor sich im Rhythmusgewirr ihrer Lieder und verteufelte ihre Kritiker: Florence Foster Jenkins, geboren 1868 und von 1912 bis 1944 als Enfant Terrible der Konzertszene rund um New York belächelt, verspottet und heißgeliebt. Peter Quilter hat der „Königin der Dissonanzen“ eine schillernde Komödie gewidmet, die bei den Frankenfestspielen Röttingen im Hof der Burg Brattenstein eine schmissige Premiere erlebte. Dank Susanne Jansens überragender Interpretation der Mrs. Jenkins hat die schlimmste Sängerin der Welt seit diesem Abend rund 500 Fans mehr!
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„Glorious!“ leuchtet mitten hinein in die Welt der musikalischen Scheinheiligkeit, in die sich die reiche Erbin gestürzt hat. Ihre grenzenlose Überschätzung der eigenen Sangesgaben lässt Zweifel an ihrer künstlerischen Klasse nicht aufkommen. Doch wehe, sie hebt an, ihre sprühende Lebenslaune in Melodien zu fassen – dann beweist Susanne Jansen, dass auch falsches Singen eine hohe Kunstfertigkeit voraussetzt.
Putzmuntere Komödie von überschäumender Ausgelassenheit
Dietmar Horcicka hat in seiner Inszenierung dieser putzmunteren Komödie viel überschäumende Ausgelassenheit mitgegeben, in der sich die vier Schauspielerinnen und ihre beiden männlichen Begleiter mit offensichtlichem Behagen tummeln. Jede Pointe, jede Bewegung sitzt im luxuriösen Bühnenbild von Dirk Immich.
Susanne Jansen spielt diese lebensfrohe, aufgekratzte und auf musikalischen Wolken schwebende Sängerin mit umwerfender Leidenschaft. Ihre Naivität bezüglich der Leistungsfähigkeit der Stimmbänder ist ebenso weltfremd wie rührend. Keine Komposition kann sie schrecken – weder Delibes'"Glockenarie", die höchste Koloratur-Ansprüche stellt, noch die Anforderungen von Richard Strauss an die "Zerbinetta" aus der Oper "Ariadne auf Naxos". Sie verlacht die "Fledermaus" ("Ha, ha, ha!") und verstolpert sich als heißblütige Carmen.
Schmerzliche Disharmonie, eingebunden in eine mimisch-parodistische Glanzleistung
Zur höchsten Kostprobe ihres gewalttätigen Stimmumfangs führt sie ihr Publikum in einem engelgleichen, flügelkonfusen Kostüm (auch dies trefflich gestaltet von Angela C. Schuett). Mit ihrer „Königin der Nacht“ nimmt sie schrill und grell grausame Rache an Mozarts Zumutung für geniale Sopranistinnen. Die schmerzliche Disharmonie, eingebunden in eine mimisch-parodistische Glanzleistung, provoziert Lach- und Beifallsstürme.
Als treuer musikalischer Kompagnon und mütterlich verhätschelter Jungstar Cosme McMoon passt sich Pascal Simon Grote, dem auch die perfekte musikalische Leitung obliegt, den künstlerischen Wahnvorstellungen der extravaganten, äußerst liebenswerten Gesangsfurie an. Er ist der beflissene Diener am Flügel, der den Tasten die gesanglichen Extratouren sowie die rhythmischen Entgleisungen aufdrückt und sich mit ihrer partiturfernen Taktlosigkeit arrangiert hat.
Galanter Schmeichler und charmanter Lügner, einem guten Tropfen nicht abgeneigt
Der glorreichen Madame von Herzen zugetan, unterstützt Thomas Henniger von Wallersbrunn als St. Claire Bayfield all ihre abstrusen Wünsche. Dabei zeigt er sich als galanter Schmeichler und charmanter Lügner, einem guten Tropfen nicht abgeneigt. Der lebensfrohe Filou sammelt auch Liebespunkte bei Maria. Petra Friedrich macht als respekt- und lustlose Olé-Mexikanerin in sprudelndem Spanisch den konsternierten Herrschaften die Haushaltsführung zur Qual.
Beglückt von der Aura des Ruhmes, umschwirrt Eva Mannschott als Dorothy exaltiert ihre Freundin. Und Mrs. Verinda-Gedge (Christine Zart), die mit ihrer resoluten Kritik in die schmusige Traumwelt einbricht, scheitert glorios. Minutenlanger Beifall.
Auf dem Programm bis 8. August. Karten Tel. (0931) 6001 6000, E-Mail: karten@frankenfestspiele.de