
Mit dem Entschluss, die durch den Film mit Jack Nicholson berühmt geworden tragische Komödie (oder komödiantische Tragödie?) „Einer flog über das Kuckucksnest“ zu spielen, beweisen die Gemündener Scherenburgfestspiele Mut. Die Mischung aus komisch-skurrilen und anrührenden Momenten stellt hohe Ansprüche.
Es ist nicht einfach, einen Nervenkranken zu spielen mit seinen absurden Macken und Ausfällen. Den sieben „Insassen“ der Anstalt gelingt dies bei der Premiere. Regisseur Horst Gurski arbeitet mit der hochmotivierten Laiencrew prägnante Typen heraus. Jeder vermittelt sein Krankheitsbild erschreckend deutlich. Dass es dennoch viel zu lachen gibt, ist ebenfalls der umsichtigen Spielleitung zu verdanken. Allen voran sorgt Charly Pabst als schizophrener, von Halluzinationen getriebener Martini für Heiterkeit. Wenn er über die Bühne tappt oder sich an die Weiber ranpirscht, löst sich jede Anspannung. Carsten Ceming fährt als Ceswick brüllend aus der Haut, bellt seine Mitinsassen an und versinkt urplötzlich in dunkles Schweigen.
In düsterer Bombenstimmung verteidigt Uli Rübsamen (Scanion) seine aggressiven Pläne. Auch ausgelassene Partyfreude steht ihm gut. Dem „Oberirren“ Dale Harding gibt Marco Weber den Anschein geistiger Normalität – die jäh zusammenbricht, wenn er mit den „extrem gut ausgebildeten Brüsten“ seiner Frau konfrontiert wird. Mit stoischer Ruhe und traurigem, unbewegten Blick traumwandelt Gerald Kamphaus (Häuptling Bromden) dahin. Bewegend, wenn er langsam ins Leben zurückkehrt, Sprache und Lachen wiederfindet. Einen ganz starken Part liefert Steffen Groß als Billy Bibbit. Der verklemmte Stotterer wird ebenso schnell von spontaner Begeisterung mitgerissen wie er in weinerliches Elend verfällt.
In diesen Haufen verquerer Gestalten schneit Randle P. McMurphy hinein. Till Brinkmann, examinierter Schauspieler, füllt die Rolle des arbeitsscheuen, in die Psychiatrie abgeschobenen Kleinkriminellen mit zupackender Energie, kernigen Sprüchen und lustigen Eulenspiegeleien. Er macht seinen „Freunden“ Feuer unterm Hintern und Schwester Ratched zu seiner Feindin. Seine Versuche, „Mrs. Red Shit“ aus dem sturen, unmenschlichen Therapiekonzept zu bringen, zerschellen an der dickfelligen Walküre in Weiß. Gabriele Bayerschmidt schreitet als unnachgiebiger böser Geist durchs Irrenhaus, unfähig zu menschlicher Wärme, Nervenarzt Dr. Spivey (Burkard Ehehalt) kuscht unter ihrer Fuchtel und ergeht sich in (leicht fränkisch gefärbtem) Psycho-Gelaber. Pfleger Williams (Jürgen Musielak) ist wie die hysterische Schwester Finn (Katinka Zötzl) willfähriger Erfüllungsgehilfe des rabiaten Racheengels.
Den glitzernden, kurz berockten weiblichen Kontrapunkt setzen sexy und kichernd Candy (Judith Platzer) und Sandra (Isabell Lang).
Auf dem Spielplan bis 15. August Vorverkauf: Tel. (0 93 51) 54 24