zurück
WÜRZBURG
Saxofon jazzt mit Wassereimer: Jan Garbarek und Band
Alice Natter
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:25 Uhr

Knackiges Trommeln, feines Klackern, hartes Pochen, sanftes Rasseln. Da dachte man, dieser Text müsse unbedingt mit dem Schlagzeuger beginnen, der nach einer Viertelstunde ein erstes feines Solo hat, umgeben von allerlei fellbespannten Dingen, Blechzeug, durchlöcherten Becken, metallenen Spiralen, einem Eimer gar. Aber keine zehn Minuten nach dieser kleinen Percussion-Sinfonie hat am Dienstagabend im großen Saal der Würzburger Musikhochschule der Bassist ein Solo. Und so wie es wummert, wogt und pocht, so wie die Töne rasen – da denkt man, dieser Text muss unbedingt mit dem Mann beginnen, der minutenlang auf seinem E-Bass virtuose Slaptechnik vollführt, auf die Saiten schlägt, sie anreißt und dabei höchste Klangfülle demonstriert.

Eigentlich aber könnte diese Rückschau aufs Konzert gut anfangen mit dieser Neckerei, die sich wenig später Bassist und Pianist liefern. Sie frotzeln musikalisch, werfen sich Töne zu und wettstreiten: Wer kann tiefer? Das Publikum schmunzelt und kichert erheitert. Überhaupt, der Pianist.

Wieso nicht beginnen mit dem Mann, der den Saal durchflutet mit seinen Klangwogen und Melodiewellen, der Töne erst tropfen und dann prasseln lässt, der mit breiten Handflächen auf den Tasten für gewaltiges Donnergrollen sorgt, übertroffen nur vom anschließenden Beifall?

Also Text-Auftakt mit Pianist Rainer Brüninghaus! Aber schon improvisiert der indische Trommelmagier Trilok Gurtu wieder so atemberaubend verrückt, dass dieser Artikel unbedingt mit ihm . . . doch Halt, der Brasilianer am Bass, Yuri Daniel, slapt schon wieder so frappierend.

Die Lösung? Diese Zeilen müssen natürlich mit dem Mann beginnen, der in der Mitte der Bühne steht, ohne permanent im Mittelpunkt zu stehen. Mit dem Bandleader, Namensgeber, Melodiengeber, Anstoßer: Jan Garbarek, 69 Jahre alt, Saxofonist aus Norwegen und einer der ganz, ganz Großen des europäischen Jazz. Was und wie er spielt: eingängig, intensiv und poetisch, klar und weltumfassend und über allem erhaben. Beim Konzert in Würzburg tritt der großgewachsene Musiker wechselweise mit dem gebogenen Sopran- und dem tiefen Tenorsaxofon ins Scheinwerferlicht. Reißt kurz die Titel an, verziert Melodielinien und taucht dann wieder hinter dem Flügel ab, um seinen drei Begleitern Raum zu geben für das ausgedehnte Improvisieren.

Und so kann diese kleine Besprechung am Ende also doch beginnen mit den tollkühnsten Momenten. Mit Trilok Gurtu, Garbareks neuem Trommler aus Mumbai, der klopft und trommelt und rasselt auf allerlei Röhren und Zeugs. Am Ende singt der Magier, macht Rhythmus – Dag-dag-daggedidagg – mit Zunge und Mund. Und im Blecheimer ist tatsächlich Wasser, dass Trilok Gurtu unter Spritzen und Triefen zum Klingen bringt.

Groß. Ein beglückender Abend.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Alice Natter
Jan Garbarek
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen